Lydia's Blog aus dem Pantanal



Übrigens: Alle Blogeinträge von 2005 bis 2015 gibt es hier: 

 


Grüße von der Akku-Lade-Tanzbärin

Grüße aus dem Akku-Lade-Gulag. Wie jedes Jahr müssen erstmal 120 Akkus für die Kamerafallen aufgeladen werden, bevor es so richtig losgehen kann. Wie ein Tanzbär an der Leine geben die Ladegeräte also vor wie man wann und wo zu sein hat. Alle 30 Minuten muss gewechselt werden. Und dabei will ich doch einfach durchs Pantanal toben. So rennt man dann 25 Minuten am Fluss rum und dann zurück. Wechseln. Rasch zu dem Kaktus mit den Kolibris. Wechseln. Ara Nest besuchen. Wechseln. Mittagessen. Wechseln. Die Hälfte ist geschafft. Nun also: Blog schreiben. 10 Minuten bis zum nächsten Wechsel.

 

Ich bin in São Paulo am Flughafen und auch sonst auf der Reise gut durchgekommen. Durchgeflutscht möchte man schon fast sagen. Lief wie am Schnürchen. Zumindest in der Retrospektive. Währenddessen herrschten zeitweise große Zweifel an der Flutschizität der Reise. An der ellenlangen Schlange vor den brasilianischen Einreiseschaltern informierte ich mich schon über alternative Flüge später am Tag. Dann ging aber plötzlich alles ganz schnell. Zackige Abläufe entstehen in Deutschland meist durch gute Organisation. Dementsprechend wird es eher leiser, je besser es läuft. Beispiel Sicherheitskontrolle. In Brasilien geht ein zackiger Ablauf meist mit einem wirbelnden Orkan an Chaos und Lärm einher. Aber eben- nachdem ich mit leichtem Hörsturz aus dem Geschrei bei dem Safetycheck in Sao Paulo stolpere, kann ich mich mit berechtigtem Optimismus bald in Campo Grande zu landen, in Richtung Gate aufmachen. Es bleibt sogar Zeit für das obligatorische Pão de Queso. Das hilft ein bisschen mich seelisch in Brasilien zu verorten, denn tatsächlich bin ich etwas surreal unterwegs. Sonst sitze ich nach Anreise immer erstmal einige Tage bewegungslos in einem Klappstuhl am Strand in Rio und so ab Tag2 realisiere ich langsam den Ortswechsel. Das fällt ja nun aus bekannten Gründen dieses Jahr weg. 

Entsprechend überrumpelt und gleichzeitig überglücklich reiche ich Vavá, meinem Fahrer, dann auch ca. 2,5 Stunden später in Campo Grande am Rande einer staubigen Straße töpfeweise Zierpflanzen an die mit auf die Farm reisen müssen. Er puzzelt sie zusammen mit Koffern, Kisten, und tütenweise Gemüse auf die Ladefläche seines Pick-ups. Das gute alte Tetrisspiel, wir spielen es nun schon seit 12 Jahren und dann geht’s los Richtung Pantanal.

 

Moment: Akku Wechsel…

 

Mit Vavá und seinem Geländewagen machte ich meine allererste Fahrt von der Stadt zur Farm. 2009 war das. Und ich lernte damals schon: Nach zwei Stunden ist erstmal Pause an der Raststätte „Rancho do Pescador“- „Die Angler Ranch“. Da gibt’s unter anderem zum Mittagessen den üblichen Prato Feito- also den „fertigen Teller“. Wenn man so will, der traditionelle brasilianische Mittagstisch- Reis, Zwiebel-Fleisch und Bohnen mit einem Ei drüber. Bevor wir beim Rancho ankommen, sitze ich mit einem Loch im Bauch neben Vavá im Auto und denke an nichts anderes als den Prato Feito. Vor der Autoscheibe die Tafelberge, die den Abstieg in die Tiefebene des Pantanal markieren. Bald da. 

Fällt mir auf: Mein Flugzeug war ja schon um 7:30 Uhr gelandet. Jetzt ist gerade mal 9:30 Uhr. Nicht unbedingt die übliche Mittagessenszeit. Scheiß Jetlag. 9:54 Uhr sind wir am Rancho do Pescador und nachdem der Kellner seine Verwirrung überwunden hat, wird extra für mich die Küche geöffnet. Als Blondine, die seit zwölf Jahren hier durchreist, ist man bekannt wie ein bunter Hund und geniest Stammgastrechte. 15 Minuten später steht der ersehnte Prato Feito vor mir und rettet mein Leben.

 

 

Vavá freut sich über die Reise mit mir zur Fazenda Barranco Alto – in Abwesenheit von Touristen ist es das erste Mal in diesem Jahr, dass er gebucht wurde und auf die Farm fährt. Er ist leidenschaftlicher Angler und bleibt extra eine Nacht, um im Rio Negro Angeln zu können. Dementsprechend stoppen wir noch bei einem Angelgeschäft.  Da gibt es viele Aquarien in denen Fische verschiedener Art und Größe schwimmen. Lebendköder. Die Armen. Vavá erklärt mir, welche der Fischchen für welche großen Fische als Köder herhalten und kauft einige längliche, braune mit einer durchgehenden Flosse am Bauch. Den Namen habe ich vergessen. Im Rio Negro ist bekanntermaßen alles voller Piranhas- daher ist die Herausforderung Köderfische zu nutzen, die keine Piranha Beute sind. Sonst füttert man nur Piranhas und fischt nix.

Im weiteren Verlauf der Fahrt ein weiterer Klassiker: Nach Verlassen der offiziellen Straße holpert man über Kuhweiden. Der Startschuss zu: „Wer sieht den ersten Ameisenbären“ kann fallen. Einen habe ich schon am Horizont über eine Weide dackeln sehen, aber das gilt nicht so richtig. Und dann: Eine Sumpfhirschsichtung, diverse Nandus, Wasserschweine und Jabirustörche später- Ameisenbär. Eher zwei Ameisenbären, es ist eine Mama mit Baby auf dem Rücken!  Das ist ja ein Empfang! Vavá und ich pirschen um sie rum und machen Fotos, alles unter den neugierigen Blicken der Kuhherde in unserem Rücken. Dann weiter: Die Brücke über den Rio Negro, die letzten Tore, mit jedem nimmt die Schönheit exponentiell zu, der letzte See, eine Pferdeherde, geduckte Häuschen unter dem riesigen Mangobaum. Endlich da. Puh. Schön.

 

 

 

Akku-Wechsel und dann Mittagessen. Hmmm, Léias leckeres Essen. Wie habe ich das vermisst.

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Burger Feng Shui

Der McDonalds am Frankfurter Flughafen ist zwei in eins: Gaststätte und Zentempel. In meditativer Geschwindigkeit werden Pommesfrittes nach und nach aus dem Fett gehieft, oder Softeis liebevoll in perfekte Schlaufen gelegt. Der gestresste Reisende hat die Wahl sich der alles beherrschenden Ruhe hinzugeben oder wahnsinnig zu werden und schreiend rauszurennen. Beides kann ich in der Schicksalsgemeinschaft, die mit mir vor dem Tresen für längere Zeit ohne erkennbaren Fortschritt gestrandet ist, beobachten.

 

Mittlerweile bin ich aber schon einen Schritt weiter und warte an einem Tisch tatsächlich auf meinen Burger. Dessen Herstellungszeit entspricht in etwa der eines schonend gegarten Rinderbratens. Aber ich beschwere mich nicht- das muss ja am Ende ein Wahnsinns Burger sein, und es bleibt Zeit einen Blogversuch zu starten. Mal sehen, wie es dieses Jahr so rausperlt. Außerdem habe ich ohnehin nichts Besseres zu tun- mein Flug geht so in drei Stunden… Leicht paranoides früh Angereise nach dem Flugverpassdrama im letzten Oktober. Letztes Jahr habe ich keinen Blog geschrieben aber gepodcastet. Macht man ja heutzutage so. Die Ergebnisse, auch das fiese Anreisedesaster 2020, findet ihr unter- Überraschung: Podcast.

 

Aber zurück zu McDonalds und 2021. Livebericht: Es arbeitet sich nun ein Angestellter mit möglicherweise meinem Burger in der Hand hinter dem Tresen hervor und macht sich auf, das Restaurant in meine Richtung zu durchqueren. Ungefähr im Tempo eines Seesterns, dessen Bewegungen auch im Zeitraffer erst so richtig erkennbar werden. Vor dem Fenster landen und starten Flugzeuge in der Sonne. Die Frage ist ja, ob die ganze Aktion, also die Reise nach Brasilien, zurück in meine zweite Heimat, zurück ins Pantanal und zurück zu meinen Ameisenbären eine große Dummheit zu Covidzeiten ist. Beantworten kann man diese Frage wohl erst hinterher. Ich bin getestet und geimpft, habe 38465 Schnelltests dabei und hoffe auf das Beste. Die Reise wird ein ziemlicher Ritt. Ohne der zu Nicht-Pandemiezeiten üblichen Pause in Rio. Einfach so schnell wie möglich in die Sicherheit der Farm - denn natürlich geht es infektionstechnisch in Brasilien ziemlich ab. „So schnell wie möglich“ sind von Tür zu Tür ca. 27 Stunden, fairerweise muss man aber sagen, dass ich die Wohnung tatsächlich 6 Stunden vor der Abflugzeit des Langstreckenflugs bereits verlassen habe. Noch ein bisschen Bier und Familie am Bahnhof in Köln und jetzt eben hier rumhängen. Bloß kein Stress, der kommt noch früh genug. Spätestens in São Paulo: Da habe ich nur 2 Stunden Umsteigezeit mit Koffer einsammeln und neu einchecken und so. Durch den Flughafen in São Paulo bin ich ja schon oft panisch gerannt. Wir erinnern uns. Jetzt also beste Voraussetzungen auf ein Revival. Bekomme ich direkt Puls, wenn ich nur dran denke, also lieber nochmal den beruhigenden McDonalds-Mann dabei beobachten, wie er nun die letzten Meter zu meinem Tisch überwindet. Touch Down! Der Burger ist in Perfektion belegt. Gäbe es Feng Shui für Burger- dies wäre ein Lehrbeispiel.

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Modern Times- Chronik des Scheiterns.

Versuche gerade meinen kaputten Kindle mit der Machete aufzuhebeln. Erfreuen wir uns also nochmal rasch meiner zehn Finger. Gleich is vorbei.

 

Im Pantanal wird die Machete ja wie das Schweizer Taschenmesser für alles Mögliche genutzt, bloß, dass sie nicht viele verschiedene Werkzeuge, sondern nur die eine vollkommen überdimensionierte Klinge hat. Wie man die dann zum gewünschten Zweck einsetzen kann, muss man sich gefälligst selbst überlegen. Die Motivation ist bei mir hoch. Wenn ich das Ding nicht repariert bekomme, habe ich einen Monat nix zu lesen. Dann doch lieber nur neun Finger und ein Buch.

 

Ich wollte mit Kindle statt Papierbuch etwas Modernität in mein in vielerlei Hinsicht antiquiertes Dasein bringen und schon scheiße: Kindle bleibt mitten im sechsten Band Game of Thrones auf einmal schwarz (war aber auch das alte Kindle meines Vaters. Bloß nicht übertreiben mit der Modernität. Und jaja, jetzt mal so langsam damit anzufangen Game of Thrones zu LESEN um dann irgendwann die Serie anzugucken ist jetzt auch nicht gerade am Puls der Zeit…). Weiterer verpatzter Versuch der Modernisierung meines Lebens: Die neuen Bluetooth Kopfhörer. Die nerven auch. Die eine Seite koppelt sich immer mit dem Computer, und die andere mit dem Telefon. Hört man sein eigenes Gesabbel für das Radiotagebuch auf dem einen Ohr, während Billy Joel auf dem anderen Ohr singt. Haha wo ich’s so lese: Ich gebe zu, der ist auch nicht gerade der heiße Scheiß. Ich bleibe jedenfalls bei meinen braven, immer zuverlässigen Kabelkopfhörern. Die funktionieren sogar nachdem ich sie kürzlich in der Waschmaschine mit gewaschen habe noch einwandfrei. Ich bin ja vermutlich auch die letzte Person die noch einen Kassetten- und einen VHS-Rekorder zuhause in Köln besitzt und wohlgemerkt nutzt. Da weiß man was man hat. Falls mal jemand ein Museum für „Wohnen zur Jahrtausendwende“ errichten möchte, kann er dies einfach in meiner Wohnung tun und müsste nichts ändern. Abgesehen vom Flachbildfernseher. Den habe ich seit letztem Jahr. Aber nur, weil ich mit meinem geliebten, kleinen Röhrenbildfernseher nicht mehr ins DVBT Netz kam. Der neue flache Fernseher hat aber gottseidank einen Scarteingang, sonst könnte ich meinen Gamecube und die Playstation2 ja gar nicht mehr betreiben. Oh man. Verkaufen wir es mal als Antikapitalismus.

 

Natürlich hat so ein Kindle gerade beim Reisen, zumindest solang es funktioniert, gewaltige Vorteile: Hätte ich sechs physische Bände Game of Thrones in den Koffer gepackt, wäre wohl kaum Platz für Kleidung geblieben. Dann hätte ich hier nackt gehen müssen. Das hätte auf der Farm sicher für ein großes Hallo gesorgt. Dann hätte das Filmteam eine „Naturalist Documentation“ anstelle der „Nature Documentation“ drehen müssen. Dabei wäre besonders der Vergleich der Einschaltquoten von Interesse.

 

Das Kindle gab nicht nur den Löffel ab, sondern schleuderte ihn eher mit Verve von sich, ziemlich genau zu dem Zeitpunkt, an dem mein Telefon nach Wochen wieder zu vollständiger Funktionalität gefunden hatte. Vielleicht war ja Eifersucht im Spiel, dann hilft mir das Abhebeln der Rückwand, das ich hier gerade mit der Machete versuche, auch nicht weiter. Vielleicht sollte ich vielmehr einen Strauß Blumen pflücken. Wie auch immer: Nachdem mein altes Telefon ja baden gegangen war, ging beim Neuen bekanntermaßen Whatsapp nicht mehr, weil man zur Installation Telefonempfang braucht. Den gibt es hier in der Pampa natürlich nicht. Mit einer Reise meiner SIM-Karte in die Stadt versuchte ich das Problem zu beheben und nach nur drei Wochen- tadtaaa, funktioniert es jetzt wieder. Meine SIM-Karte hat in der Zwischenzeit mit verschiedenen Personen allerhand spannende Kurztrips in Brasilien unternommen, zuletzt nach Rio. Sie kann jetzt vermutlich einen eigenen Reiseblog aufmachen. Oder ein Insta-Profil mit Selfies neben diversen Sehenswürdigkeiten. Jedenfalls hat es sich gelohnt und mein Whatsapp ist reaktiviert. Die Aktualisierung der 1000 Nachrichten (878 davon in der Jaguargruppe mit SEHR mitteilungsfreudigen Brasilianern- und es gibt dieses Jahr halt auch so viele Jaguarsichtungen…) dauerte ca. 24 Stunden im Sumpfnetz, aber dann lief alles wieder. Für so geschätzt 3 Minuten, dann verabschiedete sich das Kindle. Ob nur für ein Weilchen in die Sommerferien oder für alle Ewigkeit ins Nirvana, versuche ich gerade rauszufinden.

 

Die Nerven bei der riskanten Macheten-Reparatur beruhigen Lakritz-Katzenpfötchen. Die habe ich gestern von deutschen Gästen mitgebracht bekommen, die mein Buch gelesen und dabei gut aufgepasst haben, mit was man mir was Gutes tun kann. Hat sich die Buchschreiberei ja doch noch gelohnt. Falls jemand auf die Farm zu Besuch kommt der meinen Blog liest und mir eine Freude bereiten möchte: Champagner mag ich ja auch sehr gerne. Am liebsten in Kombination mit Beluga-Kaviar. Antikapitalismus? PAH!!!

 

Huch? Noch gar kein Katzencontent? Here you go:

 

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Puma-Baby-Schilderung in epischen Dimensionen

Vorbemerkung: Ich "schreibe" meine Blogartikel ja immer im Kopf und tippe sie später am Computer nur noch schnell runter. Je länger ich also nur so da sitze und denke, desto länger wird der Blogartikel. Beim Warten auf den Puma saßen wir SEHR lange nur so da. Der zugehörige Blogeintrag ist dementsprechend SEHR lang ausgefallen. Aber bei Game of Thrones werden ja manchmal auf zehn Buchseiten irgendwelche komplett belanglosen Banner von irgendwelchen Häusern von denen man seit 2000 Seiten eh nicht mehr weiß wer die jetzt nochmal sind beschrieben. Und? Bestseller. Dann werdet ihr das hier wohl auch überleben.


Die Frage der Stunde, oder wohl eher der Nacht ist ja, ob sich Walter Moers eigentlich viel in die dunkle Natur setzt und die Schattenrisse von Bäumen gegen den dunklen Himmel anstarrt, wenn er an einem neuen Buch arbeitet. Bei mir persönlich entfaltet sich zumindest gerade, nach zwei Stunden im Dunkeln auf einem Klappstuhl in freudiger und gleichzeitig etwas angespannter Erwartung eines Pumas auf der Sandstraße vor mir, eine ziemlich waltermoersesque Szene in den Büschen und Bäumen am Straßenrand. Wo sich vor den Sternen Anfangs nur die Schatten von Gestrüpp abhoben, läuft mittlerweile ein düster aussehendes Maschinenwesen mit kleinem krähenförmigem Kopf und ganz offensichtlich gesundheitlichen Problemen, denn es hält sich den Rücken und geht am Stock. Sieht nach typischen Verschleißerscheinungen durch monotone Büroarbeit aus. Sicher findet es ganz schlecht einen ergonomisch passenden Bürostuhl für sein spinnenartiges Abdomen. Von Faszienrollen scheint man in seinem Universum auch noch nix gehört zu haben. Vor dem Maschinenwesen läuft ein gnomartiges Männchen mit Frack und Wackelfühlern auf dem Kopf her, das vom Habitus her der Butler des Maschinenwesens zu sein scheint und ein nicht erkennbares Volk auf dem Weg zu klatscht. Hinter dem Maschinenwesen drängt sich eine Schattenarmee merkwürdiger Wesen mit großen Mäulern, Hörnern und knochigen Armen.

Mit diesem Grundsetting lassen sich dann viele Geschichten ausdenken, mit denen man sich die weitere Stunde des Wartens auf den Puma vertreiben kann. Lässt einen den eisigen Wind und die Kälte, so wie den in keinster Weise ergonomisch vorteilhaften Klappstuhl in dem man sitzt fast vergessen. Sollte der Puma auftauchen, müsste ich mich in mindestens genauso gekrümmter Haltung wie das Maschinenwesen da vorne aus diesem Sitzmöbel schälen. Falls die Katze dann zubeißen sollte (würde sie natürlich nicht tun, aber mal hypothetisch), hätte sie bei mir heute eh nur 39284793487 Schichten Fleece mit Skiunterhose im Maul. Das ist dann wie in einen Wattebausch beißen. Dementsprechend würde sie sich dann lieber wieder dem toten Kalb zuwenden, das sie gestern gerissen hat und vor dem ich mit dem Filmteam jetzt gerade sitze und warte. Also kein Grund zur Besorgnis.  Irgendwo im Wald ruft ein Zebrakauz, ansonsten ist es still. Zu kalt, vermutlich sind alle Tiere im Neptunbad in der Kräutersauna. Aaaah das wäre jetzt was….

Gestern war die Warterei auf die Katze um einiges kurzweiliger und schneller von Erfolg gekrönt als heute. Von gigantischem Erfolg, darf man wohl sagen. Die Cowboys hatten ein totes großes Kalb oder eher eine junge Kuh entdeckt. Offensichtlich vom Puma gerissen, denn die Schnauze war blutig und zerfetzt und nur Pumas packen ihre Beute dort und ertränken sie im eigenen Blut. Die Nachricht der Cowboys an mich und das Filmteam, die wir natürlich ganz scharf auf solche Infos für die Filmarbeiten sind, war in der hausinternen Flüsterpost stecken geblieben. Daher erfuhren wir erst Stunden später davon und fuhren spät abends hin, nicht sonderlich optimistisch tatsächlich noch einer Katze zu begegnen. Aber immerhin wollten wir die Gopro davor installieren, um zu sehen ob der Puma vielleicht doch noch nachts zurückkommt. Als der Wagen hielt leuchteten wir die Umgebung ab. Nix. Nur die Leiche vom Rind, fast noch intakt bis auf das blutige Gesicht und ein Loch an der Schulter. Christoph der Kameramann machte sich bereit, die Gopro zu setzen, da hörte ich ein leises Ästeknacken in einem Baum in der Nähe. Licht drauf, oh…. hektisches Fernglas suchen…. tatsächlich: Eine Katze in einer Astgabel. Nicht ganz deutlich zu sehen, aber kleiner als der Puma und mit Punkten- also ein Ozelot. Kameramann baut sein Stativ vor dem Baum auf, kleine Slapsticknummer am Rande weil alle im Dunkeln in den omnipräsenten Gürteltierlöchern rumstolpern und dabei versuchen leise zu fallen, um die Katze nicht zu verscheuchen. Es wird gefilmt und ich arbeite mich derweil vorsichtig und möglichst geräuschlos aus dem Auto. Gehe auch näher an den Baum ran und habe jetzt einen besseren Blick auf das Tier im Baum. Hm…äh… die zwei schwarzen Flecken neben der Schnauze… die hat kein Ozelot. Das ist ein Puma… aber so klein? Während sich die Erkenntnis noch einen Weg durch meine lange Leitung bahnt, kommt Christoph schon mit Stativ und Kamera und leicht panischem Blick zurück zum Auto. Er hat es mittlerweile auch geschnallt: Das ist ein Pumababy!!!! Stellte sich vor allem für den Kameramann im Dunkeln im Gemüse die Frage wo sich die zugehörige Mama aufhält. Zwei sichern jetzt also die Umgebung- einer leuchtet auf des Pumababy, der andere in die umliegenden Büsche und Christoph stellt die Gopro mit LED-Leuchte vor der toten Kuh auf. Als alles fertig ist, schlage ich vor so zu tun als würden wir abreisen, das Auto aber stattdessen um die Ecke zu parken und uns in den Büschen mit Blick auf die Kuh zu verstecken. Dann warten was passiert, das Baby sitzt ja immer noch im Baum, vielleicht kommt es ja runter.

Im Dunkeln lauschen wir auf die Geräusche der Nacht. Ein paar Eulen, bei jedem Blatt das im Wind raschelt glaubt man etwas würde sich im Wald bewegen. Größere Sorge bereitet mir aber die Sandstraße in unserem Rücken- wenn da etwas lang kommt, hört man es nicht. Da knacken keine Zweige und kein Laub. Immerhin hebt sie sich ein bisschen im Licht der Milchstraße von den dunklen Büschen ab. Ich bilde mir ein ich würde sehen, wenn da ein Tier läuft. 

Dann, nach etwa einer halben Stunde, hallen leise, feine Pfiffe in die Nacht. Das Puma-Baby ruft. Mein Buch trägt ja immerhin nicht ganz umsonst den doofen Namen „Ich glaub mein Puma pfeift“. Die pfeifen tatsächlich. Dann wieder Stille und plötzlich eine Antwort aus der anderen Richtung! Es wird ein wenig hin und her gepfiffen, dann das Scharren von Krallen auf Rinde. Das Baby kommt vom Baum. Kleines Hörspiel im Stockdustern. Ich sterbe fast vor Spannung was als nächstes passiert. Die beiden spielen weiter ihr Marco-Polo-Hin-und-Herpfeifspiel, man hört wie sie immer näher aufeinander zukommen, dann Stille. Ich vermute, die Mama hat ihr Baby gefunden und jetzt herrscht erstmal Wiedersehensfreude bevor sie hoffentlich freundlicherweise an der Kuh vor der Kamera auftauchen. Und tatsächlich: Wenig später tauchen kleine, aufmerksam aufgerichtete Ohren hinter der Kuhleiche auf. Dann blau-grüne neugierige Kinderaugen. Das Baby kommt und macht sich an dem Loch in der Schulter der Kuh zu schaffen. Zerrt am Fleisch, schüttelt den Kopf hin und her um Brocken zu lösen. Die Kamera und das LED-Licht scheinen es nicht weiter zu stören. Dann funkelt nochmal ein paar grün leuchtender Augen im Licht der Leuchte: Der zweite Puma. Als er zur Kuh kommt wird aber klar: Das ist nicht wie vermutet die Puma- Mama sondern ein zweites Baby! So süß, wie es auf seinen kurzen, dicken Beinen angetappst kommt. Als es auch an dem Loch zu fressen beginnt, gibt es Stress mit dem Geschwisterchen. Mit lautem Knurren brät der eine dem anderen eins mit der Pfote über. Ich kann einfach nicht fassen, dass ich das gerade alles live miterlebe! Pumas sind um einiges schwieriger zu beobachten und vor allem zu filmen als Jaguare. Jaguare wissen, dass sie die Topprädatoren sind und sie sich nicht weiter Sorgen machen brauchen. Pumas sind viel vorsichtiger.  Und jetzt läuft hier neben mir die große Kamera und einen Meter vor den fressenden und spielenden Babys die Gopro und wir beobachten ihr Verhalten über eine Stunde lang. Sie turnen im Spiel sogar oben auf der Kuh herum. Sowas hat selbst die BBC noch nicht gefilmt!

Die Puma-Mama ist nach wie vor nicht in Sicht. Ich vermute, dass sie das Kalb für den Nachwuchs quasi eingetuppert hat, während sie Erledigungen machen gegangen ist. Das kleine Loch hat sie vorher in die Schulter gerissen, damit die Kleinen barrierefrei an das Fleisch kommen, und den Rest der Beute mit Sand bedeckt, damit alles möglichst lange frisch bleibt. Dann Windeln im Supermarkt kaufen gegangen oder was so ein Puma sonst so dringendes machen muss.

Nachdem Christoph jetzt zwar Puma Babys in allen Posen, allerdings nur im Funzellicht der Gopro gefilmt hat, entscheidet er das Risiko einer Störung einzugehen und ein weiteres Licht zu setzen. Auch das lassen die beiden Pumababys erst gelassen zu. Dann klappert aber das Stativ und eines schaut misstrauisch direkt zu uns rüber. Unbewegt, mit blutverschmiertem Mund, bestimmt eine Minute. Dann rauscht es in den Wald ab, während sich das andere Baby sorglos zu freuen scheint jetzt den ganzen Ku(h)chen für sich zu haben. Es frisst noch eine ganze Weile, während das andere Geschwisterchen besorgt im Busch nach ihm ruft. Irgendwann dackelt es dann auch ab. Wir fahren ebenfalls im Glückstaumel nachhause, lassen die Gopro aber laufen. Müde und gleichzeitig vollkommen euphorisch kommen wir spät an der Küche an. Erstmal eine Caipirinha. Zum Feiern, aber auch ein bisschen zum Aufwärmen. 

Heute haben wir die Gopro eingesammelt und konnten im Filmmaterial sehen, wie die Babys zurückkamen und nach einer Weile auch Mama Puma ihren Auftritt hatte. Eine Stunde lang hat sie vor der Gopro an der Kuh gefressen bevor der Akku der Kamera leer ging. Um die Kuh herum waren noch viele Katzenspuren zu sehen, darum sind wir jetzt, heute Abend, nochmal hergekommen um zu schauen was passiert. Während ich so meine Maschinenwesengeschichte spinne und diesen Blogeintrag im Kopf fertig schreibe, fällt meine Prognose was den Puma betrifft für heute nicht sehr optimistisch aus: Die Kuh wurde schon ganz schön von Geiern und Schweinen zerpflückt, der Darm zerrissen und das Fleisch dadurch beschmutzt. Ich vermute zwar schon, dass der Puma oder eher die Pumas (Pumen, Pumae?) irgendwann heute Nacht nochmal gucken kommt, aber nicht mehr fressen werden. Katzen sind ja pingelig. Meine Moral sinkt mit der Temperatur meiner Füße. Den anderen geht’s ähnlich. Ab nach Hause. Wir packen zusammen, knipsen die Taschenlampen an und ich versuche im nun beleuchteten Busch nochmal mein Maschinenwesen zu erkennen. Keine Chance. Ganz offensichtlich kommt es nur in der Dunkelheit raus. 

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(Fast) Katzenfreies Prokrastinationsgeseier

Heute mal keine Katze. Zumindest planmäßig. Dafür Kanu fahren und Baden am Fluss. Freier Nachmittag, morgen rollt die nächste Kaltfront an (mit unweigerlichem Dauerohrwurm von den Sternen: Hier kommt die Kaltfront, ein Meer der Frische!). Pfff. Kann man sich wieder einen abbibbern. Aber heute noch nicht. Bestes Badewetter, weil sackenheiß. Und stürmisch- die Auguststürme haben mit Wucht eingesetzt und treiben jetzt mein Kanu auf dem Weg zum Strand Richtung Riesenotterbau. Ich paddel gegen wie eine Blöde, will denen ja nicht auf der Terrasse landen. Vor allem weil die Otter gerade zwei kleine Babys in ihrem Bau haben, da will man die jungen Eltern nicht stören. Schaffe es mit Mühe und Not mich auf die andere Flussseite zu kämpfen und stake dann in Zeitlupe gegen den Wind mit dem Paddel durch den Sand anstatt zu rudern, immer eng am Ufer entlang. Bei besonders starken Böhen klammere ich mich an Zweigen fest um nicht rücklings, mit fliegenden Fahnen, doch noch in den Otterbau zu krachen. Nönö, das ist ja so ein ganz entspannter Nachmittag…

Ca 10 Stunden später komme ich vollkommen entkräftet am Strand an. Und dann doch: Wirklicher und wahrhaftiger Frieden. Stille, bis auf ein paar entrüstete Seeschwalben die motzend über mir kreisen. Die haben immer den Kaffee auf, wenn man sich an ihren Strandabschnitt setzt und erinnern mich, komisch, darum immer an deutsche Pauschaltouristen. Neben mir liegt ein Kaiman mit weit aufgerissenem Maul am Wasser. Das sieht dann dramatisch aus mit den ganzen Zähnen, eigentlich putzt der aber einfach nur sein Gebiss. Ins offene Maul kommen kleine Fliegen rein und fressen Essensreste und den Rest erledigt das UV-Licht. Abgesehen vom beautybewussten Kaiman habe ich den Strand für mich. Sowie die nächsten 7 Kilometer Fluss. Der Rio Negro beginnt in einem Sumpf und endet in einem Sumpf, darum gibt es keinen Durchgangsverkehr an Booten. Nur die Anwohner des jeweiligen Flussabschnitts sind hier unterwegs und das sind nicht viele. Ein naturbelassenes Paradies, das ich bei dem Sturm aber wohl weißlich NICHT weiter bepaddel. Da wo ich stattdessen mein Handtuch hinlege sind noch ein paar ältere Jaguarspuren erkennbar. Vielleicht dieselbe Jaguardame, Luciana genannt, die wir letzte Woche ein bisschen flussabwärts beobachtet haben. Aber das wäre ja wieder eine Katzengeschichte, und die wollen wir heute ja mal NICHT (ein paar Bilder müssen es tun. S.u.). Lieber zum Schwimmen in den Fluss. Das Wasser ist absolut herrlich und ich mache toter Mann, wenn auch nicht sehr lange. Ich will ja die Piranhas nicht zu sehr von der Echtheit meiner Performance überzeugen. Während ich verträumt den Sonnenuntergang bestaune, kommen Adriana, Reginaldo, Adilson und Néia kreischend und sich gegenseitig nassspritzend denn Fluss hochgelaufen. Die wohnen auch hier auf der Farm und hatten dieselbe Idee- Badewetter nutzen bevor es kalt wird. Mit der Stille ist es vorbei, dafür gibt’s den neusten Farmtratsch brühwarm erzählt, während wir uns alle im Wasser an einen Ast hängen und die Strömung an uns ziehen lassen. Die ersten Klatfront-Wolken werden vom Wind angetrieben, zusammen mit einigen Hyazintharas, die etwas unsouverän in den Böen trudeln. Nochmal größtes Amüsement über die Geschichte als ich mit dem kleinen rosa Kleid den Puma beobachtete- das finden hier alle wahnsinnig komisch. 

Als es kühl wird paddle/gehe ich nach Hause. Vorbei am roten Horizont hinter der Palmenebene auf der einen- und den vom Sonnenuntergang rosa angeleuchteten Wolken auf der anderen Seite. Vorbei an einer Wasserschweinfamilie die um die Boote am Hafen rumflackt. Vorbei an der Waschküche wo meine Wäsche auf der Leine trocknet- strategisch fast vorbildlich noch rasch gewaschen bevor die kommende Kälte nichts mehr trocknen lässt. Aber eben nur fast. Leider hatte ich beim Beladen der Maschine meine Anwandlungen von letzter Woche vergessen, jetzt doch endlich Ordnung in mein Leben zu bringen. Wie beginnt man damit? Ich entschied mich für den Anfang erstmal für die Nutzung eines Wäschesacks. Man hört ja munkeln, dass so etwas bei Leuten die ihr Leben im Griff haben Anwendung findet, anstelle meiner Strategie, alle schmutzigen Klamotten einfach auf einen Haufen zu werfen. Trollhaufen, heißt dieser Wäschehaufen bei meiner Schwester und mir. Die beherrscht diese Technik auch in Perfektion. Mein Wäschesack geriet jedenfalls zusammen mit dem Ordnungsprojekt recht bald in Vergessenheit, und so hängen jetzt die ehemaligen Bewohner des Trollhaufens sauber aufgereiht auf der Wäscheleine, während meine schmutzige Unterwäsche und ALLE Socken nach wie vor im dummen Wäschesack liegen. Ungewaschen natürlich. Ich lasse mein Leben dann doch lieber wieder wie es ist. Menschen, die mit der Nutzung eines Wäschesacks zurecht kommen sind mir von nun an suspekt. Genau wie die Leute, die bei der Bedienung der DHL-Packstation durchsteigen und eigentlich lest ihr hier gerade nur mein Prokrastinationsgeseier mit dem ich mich vor der Dusche drücke. Der Strom ist weg und es erwartet mich dementsprechend ein Eisbad. Kann man sich schonmal emotional und physisch auf die nächsten kalten Tage einstimmen. Aber genug gedrückt-  jetzt muss ich mich überwinden, bin nämlich gleich Fernando und Claudia zum Abendessen eingeladen. Juhu.

 

 

Ps.: Auf dem Nachhauseweg gerade noch einem Puma vor dem Haus begegnet. Soviel zum Versuch eines katzenfreien Blogeintrags. 

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Die WHO warnt: Raubkatzensichtungen und Skat können die Nachtruhe gefährden.

Es gibt so Dinge die einen schlecht schlafen lassen. Vor allem wenn sie passieren, wenn man so gerade wegdämmert. Die falschen Gedanken zum Beispiel, oder wenn einem einfällt, dass man die Wäsche in der Waschmaschine vergessen hat und nochmal aufstehen muss, in Köln auch gerne mal ein osteuropäisches Ehepaar das seinen Rosenkrieg an der Tankstelle vor der Wohnung austrägt. Oder eben das Tier, das im brasilianischen Outback auf einmal vor dem Fenster deines Häuschens markerschütternd im Todeskampf zu kreischen beginnt. Woraufhin du dein friedliches Skatspiel in der HandyApp abbrichst, aus dem Bett springst, im kurzen pinken Batiknachthemdchen aus deinem Haus rennst, siehst wie ein Puma ein soeben gejagtes Wasserschwein an der Schnauze hält und im eigenen Blut erstickt. Du hörst wie es seine letzten Atemzüge röchelt, rennst zurück um die Kamera zu holen, wieder hin und siehst wie der Puma fünfzehn Meter vor dir das Wasserschwein ins tiefere Gras zieht. Du hörst das schabende Geräusch der rauen Zunge, als der Puma das Fell runter leckt, das reißende Geräusch als er die Haut aufzerrt, das Brechen der Knochen auf denen er herumbeißt. Du siehst die blutige Schnauze der Katze, ihre leuchtend grünen Augen die ab und an zu dir rüber schauen und wie sie sich gegenstemmt wenn sie mühsam Fleischstücke aus der Beute reißt.  Irgendwann überlegst du dir, was der Puma wohl macht, wenn erstmal alles aufgegessen ist. Vielleicht bekommt er Appetit auf die saftige Deutsche die nebenan steht? Die Batterie deiner Taschenlampe wird immer schwächer und es dementsprechend zunehmend dunkler. Daraufhin beschließt du dich langsam zurück zu ziehen. Leider macht dein Schuh, als du ihn aus dem Schlamm ziehst ein quietschend, schmatzendes Geräusch das nach verendendem Wasserschwein klingt und die Aufmerksamkeit des Pumas auf dich zieht. Er betrachtet dich interessiert und leckt sich die Schnauze. Du machst einen weiteren Schritt nach hinten, oder willst eher einen Schritt machen, stellst aber fest, dass beide Füße so tief im Schlamm stecken, dass du sie nicht mehr rausbekommst. Dir wird klar, dass du in deinem kleinen, rosa Kleidchen mit den festbetonierten Füßen so ziemlich die leichteste und ansprechenste Beute im Pantanal darstellst. Du bekommst am Ende die Füße doch noch rausgefummelt, der Puma läuft jetzt erst weg, dann aber doch im Bogen längs zu deiner Laufrichtung. Du gehst langsam rückwärts, rennst das letzte Stück zum Haus, legst dich wieder ins Bett, spielst dein angefangenes Herz-Blatt auf der Skat-App noch fertig und kannst dann überraschender Weise so ganz schlecht einschlafen. Muss am Kartenspiel liegen.

 

 

Das war dann also die dritte Pumajagd, der ich innerhalb des letzten Monats beiwohnen durfte. Puh! Nicht, dass wir Menschen Beutetiere vom Puma in Brasilien wären, aber da geht der Puls dann schon mal hoch. Eine der besten Pumasichtungen meines Lebens. Fast eine Stunde habe ich zugeschaut. So ein wunderschönes Tier! Die Küchenmädchen in heller Aufruhr- die müssen abends ja nach dem sie Abendessen für die Gäste gemacht haben immer quer über die Farm nachhause laufen. Sind dann eh immer schon mit den Nerven am Ende und jetzt ein jagender Puma so direkt vor dem Haus. In der Waschküche entspannt sich dementsprechend eine Diskussion wer das appetitlichste Hinterteil hat und ob wohl ein umgebundenes Kissen, oder ein Holzbrett hinten in der Hose, im Falle einer Attacke helfen würde.

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Tropenforschungsbesen für's deutsche Fernsehn

Blogschreiben auf heißen Kohlen. Auf der Nachbarfarm geht die Jaguarjagd in die nächste Runde. Es sollen GPS-Halsbänder angelegt werden um die Bewegungmuster von Jaguaren nachverfolgen zu können. Dazu haben Forscher Schlingfallen ausgelegt, die zuschnappen wenn die dusselige Katze ihr Pfote da reinsteckt. Oder die Ameisenbärenforscherin ihre Hand. In meinem Fall freilich nur zu Vorführzwecken, zeigen, dass das nicht weh tut. Das Filmteam filmte mich dabei. Gratis dazu bekamen sie meine fantastische Jaguarimitation, die sie so nicht bestellt und vermutlich auch nicht gewollt hatten. Ein bisschen wie den abgerockten Feldforschungsbesen mit dem sie gestern Nacht vor ihrer Kamera Vorlieb nehmen mussten. Da war nämlich schon mal ein Jaguar in die Falle getappt. 110kg. Ganz schöner Wäscher. Am ersten Tag der Einfangaktion und so promt hatte damit keiner gerechnet. Am wenigsten ich, jedenfalls fiel ich ziemlich derangiert aus dem Bett, als mich das Filmteam rief. Haare zu Berge, ungeschminkt (zumindest wenn man von den Mascararesten unter den Augen vom Duschen absieht) und hektisch übereinander gestapelte Klamotten, die Hälfte davon auf Links. Wie Plemm Kacki, würde meine Mutter sagen. Aber die wollen ja nur den Jaguar filmen, denke ich noch verstrudelt- und sehe mich einer Kamera gegenüber. Nein, es soll Jaguar mit Ameisenbärenforscherin gefilmt werden. Ach mensch ey. In zwei Jahren wird man mich also im deutschen Fernsehn verpennt und wie der letzte Krapfen neben einer dicken Katze herumtapern sehen. Vielleicht weckt es ja in den Zuschauern romantische Tropenforschergedanken ("Ach guck, die badet da sicher in den Seen, es gibt im Dschungel ja kein Badezimmer", "Ich habe schon mal gehört, dass es in Forschungscamps niemals Spiegel gibt.", "Man sieht ihr die Entbehrungen des Forscherlebens doch an..."). Zumindest klammere ich mich an diesen Gedanken fest. Ich habe aber auch noch eine andere Chance:  Wenn heute nochmal ein Jaguar in die Falle tappt, kann ich mich im Rahmen meiner Möglichkeiten top gestylt vor die Kamera schmeißen. Mit einer besonders eloquenten Perfomance könnte ich die Aufnahmen von gestern vielleicht in Vergessenheit geraten lassen. Sitze hier jetzt dementsprechend im feinsten Feldforschungszwirn (die Hose die nur ein einzelnes Loch hat) und gekämmten Haaren und hoffe auf eine neue Katze, neben der ich mich dann besser machen kann.

 

Während ich hier gerade die Wartezeit im Blog vertrödel kommt Stefan von der Safari nachhause. Er ist hier in der Lodge Guide und bewohnt das zweite Zimmer in diesem kleinen Haus hinter der Waschküche. Wir kennen uns auch schon seit zehn Jahren, ein Mitglied meiner pantanesischen Familie also. Er zeigt mir ein Video wie Meloni, unsere Haus-Katze, vor dem Haus heute mit dem Gürteltier gespielt hat. Fernab von Abendunterhaltung, Kino, Live-Musik, Bars und aktuell auch Youtubevideos und allgemein Internet (Internetantenne im Eimer, Detox auf allen Ebenen) liefert ja gottseidank die Natur um uns rum schon genug Zerstreuung (und süße Tiervideos). Wir denken über die Entwicklung eines einteiligen Anzugs in Wasserschweinform als Lockmittel für den Jaguar nach. Während ich kurz vor die Tür gehe um im Baum vor dem Fenster die Zwergeule zu fotografieren (so süß- nur 10 cm Eule aber 100% vernichtende Eulen-Attitude), geht die Unterhaltung durchs Mosquitonetz weiter: Der Einteiler sollte Sprungfedern in den Schuhen aufweisen um sich im letzten Moment wegkatapultieren zu können und eine aufblasbare Badehose zur Landung im See. Das Filmteam hatte mir nach meiner Jaguarperformance bei der Schlingfalle unterstellt, im Digital- und Urban-Detox langsam wunderlich zu werden. Meine Grundschullehrerin empfahl meiner Mutter, mir öfter Malen nach Zahlen vorzusetzen um die Fantasie zu zügeln. Stefan und mir täte demnach vermutlich eine schöne Ladung Beauty- und Lifestylevideos auf Youtube gut. Stefan meint, man muss ja schräg drauf kommen wenn man wie wir am Tag zehnmal mehr Schweine als Menschen sieht. Wo er recht hat...

 

Uh! Glaube ich muss los- neben der trällernden Zwergeule und dem immer weiter fabulierdenden Stefan höre ich eventuell ein Auto über die Farm fahren! Vielleicht Filmteam wegen Jaguar! 

 

Falscher Alarm. Kein Auto, kein Filmteam, kein Jaguar. Wo waren wir? Ach ja. Absurditäten im pantanesischen Alltag. Ein stückweit gewöhnt man sich an diese täglichen Merkwürdigkeiten. Aber gleichgültig, oder weniger lustig wird es nie. Es ist ein bisschen wie wenn man in Köln außerhalb vom Karneval einen der omnipräsenten Menschen mit Verkleidung sieht. Das gehört in dieser kostümierungsbegeisterten Stadt auch zum Alltag, ist aber trotzdem immer wieder etwas witzig und führt zu absurden Situationen. Hier haben wir halt statt Mensch im Kostüm den unheimlichen Nandu, der vor dem Fenster steht und einem mit starren Blick beim Arbeiten am Computer zuguckt. Oder den Kaiman über den man auf dem Weg zum Frühstück stolpert und damit die Wasserschweinfamilie im Garten zum Bellen bringt. Das Gürteltier, das wie selbstverständlich in die Häuser marschiert kommt (Claudia musste zwei davon am Schwanz unter ihrem Bett rauszerren). Die Anbrüllerei beim Mittagessen, weil 25 der eigentlich so seltenen Hyazintharas über dem Haus ein Heidenspektakel machen, während die Seriemas ihren schrillen Sirenengesang vom Stapel lassen. Oder eben die Warterei darauf, dass eine überdimensionierte Katze ihre Pfote in eine Schlinge steckt.

 

So wie mit der Absurdität verhält es sich glücklicherweise auch mit der Schönheit. Auch nach zehn Jahren im Pantanal erfüllt mich die Schönheit der Landschaft, der Sonnenuntergänge, der Hyazintharas und der anderen Tiere  immer wieder mit Erfurcht, Begeisterung und Staunen. Das nutzt sich nie ab und ich fühle mich nach wie vor unfassbar privilegiert hier ein zweites Zuhause gefunden zu haben. Da ist das Pantanal wie unser fantastischer Dom in Köln: Da kann man auch zum 1000sten Mal vorbei laufen und hält doch nochmal kurz inne, schaut nach oben und ist stolz in dieser schönen Stadt zu wohnen.  

 

 

 

PS.: Kein Jaguar in der Falle. Also gibt’s 2021 den Forschungsbesen im Fernsehn. Driss.

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Wenn die Blair Which eine Katze wäre...

Nicht an Traditionen hält sich glücklicherweise das deutsche Filmteam. Anstatt wie sonst immer in den Wald rein, kommen alle Tiere für die aus dem Wald RAUSgehampelt, sobald die Kamera steht. Gestern mit heeren Zielen ins Feld gefahren- die große Ebene besichtigen, zum Herzsee im hohen Norden fahren, und am Ende schaffen wir es gerade mal zwei Tore und drei Seen weit, weil die Tierwelt auch direkt hinter dem Haus so ein Feuerwerk abfeiert. Ein Ameisenbär wurde vom Kameramann bestellt und ein Ameisenbär latscht prompt an der Straße lang und vorbei am Seeufer in dem sich die gewünschten Babykaimane tummeln. Luxusprobleme an der Kamera. Filmt man jetzt den Ameisenbären, oder die Babykaimane, oder den Tigerreiher im Schilf, die Pampashirsche neben dran, die Rotgrünen Aras die über einen fliegen oder vielleicht doch lieber die zehn Hyazintharas, die gerade leuchtend blau im goldenen Abendlicht zum trinken beim Nachbarsee gelandet sind? Das ist nicht übertrieben, das war genauso. Es gibt diese Tage im Pantanal- man steht den ganzen Nachmittag staunend auf einem Fleck, alles tobt gleichzeitig um einen rum und man fotografiert mal nach da und mal nach da, aber die ganze Fülle kann man kaum einfangen.

 

Bei den Filmarbeiten tanzt am Ende aber alles so lang um uns rum, dass alle Tiere gefilmt werden können und zusätzlich ich zusammen mit Ameisenbär der fast in mich reinläuft und dann Ameisenbär mit Peccarie das fast in ihn reinläuft und dann ist die Sonne weg und wir machen uns bereit zum Nachtspotten. Puma der Hirsche jagt ist ja so ein Thema, seit ich die Sichtung vor ein paar Tagen ohne Kamerateam hatte. Pfff. Als ob man das nochmal sieht. Lampe an, der Ameisenbär schlurft immernoch irgendwo Richtung See rum, also wird er jetzt nochmal nachts gefilmt. Praktisch auch, dass während die Kamera läuft zwei Füchse direkt vor den Ameisenbären gelaufen kommen. Ich pfeife derweil die Zwergeule auf einen dekorativen Ast, die kann nun also auch gefilmt werden. Weit sind wir ja mal wieder nicht gekommen. Als wir schließlich laut klappernd die Kamera einpacken um doch nochmal ein bisschen vorwärts zu kommen, leuchtet einer auf den See nebenan, eigentlich gucken ob der Ameisenbär noch da ist, steht da ein Tapir im Wasser und spaziert Richtung Wald. Wir eiern ein bisschen hinterher, finden ihn zwar nicht mehr, dafür aber alle Tagschläferarten, die auch anbiedernd vor der Kamera posieren. Nach dieser kleinen Runde kommen wir an die Stelle zurück, an der wir schon den ganzen Nachmittag verbracht hatten, ich leuchte rechts: Puma! Und Hirsch! Puma lauert auf Hirsch. Mal wieder. Darf nicht war sein. Es ist derselbe mit dem kurzen Schwanz und er lässt sich auch nicht stören als die Autotüren aufgehen und laut klappernd die Kamera installiert wird. Nach einigem Lauern, ich kenne das ja nun schon, haha, geht die Jagd los. Hirsch rennt, Puma rennt, beide verschwinden im Gebüsch. Wir gehen mit Taschenlampen hinterher und finden den Puma tatsächlich nochmal wieder. Er liegt gemütlich auf dem Boden. Kein Hirsch in Sicht, weder tot noch lebendig. Die Jagd war also wohl wieder ein Schuss in den Ofen. Wir können de Puma aber in aller Ausführlichkeit filmen und fotografieren. Vielleicht hätten wir die Batterien der Taschenlampen lieber ein bisschen aufsparen sollen, denn irgendwann geht eine nach der anderen aus. Als auch die letzte ausfällt stehen wir im Dunkeln. Ca. 15 Meter zu Fuß vor einem Puma. Und auf einmal geht ein markerschütterndes Gekreische los. Der Puma hat wohl nochmal die Jagd gestartet und dankenswerter Weise keinen von uns, sondern ein Schwein erwischt. Das kreischt jetzt um sein Leben, der Rest der Schweineherde brüllt und scheint es zu verteidigen, schwer zu sagen, wenn man alles nur als Hörspiel hört. Die ganze Situation ist ziemlich Blair Which Project mäßig. Es rumpelt, Äste brechen und alle, also sowohl Puma als auch Schweine scheinen in den Wald zu rennen. Filmen konnte im Dunkeln natürlich keiner, aber wir sind alle vollkommen geflasht. Und die Hirschjagd vorher ist ja nun absurderweise tatsächlich im Kasten.

 

Ich sag ja immer, wenn ich einen Tierfilm gucke in dem was Spektakuläres gefilmt wurde: „Na die haben sich danach aber erstmal ein Bier aufgemacht“. Also wir haben uns danach erstmal ein Bier aufgemacht.

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Hallo Lexikon, erklär mir wie das funktioniert...

Dieses Jahr habe ich zehnjähriges Pantanaljubiläum. 2009 kam ich zum ersten Mal auf die Farm. Meine erste Fahrt hierhin dauerte ewig, weil ich bei jedem Kaiman und Wasserschwein das neben der Straße unterwegs war ausrastete und vor Aufregung verwackelte Bilder schoss. Nichts ahnend was mich für ein unfassbares Tierparadies erwartete.

 

Vielleicht sind lieb oder nur so mittel lieb gewonnene Traditionen und alte Bekannte wegen meines Jubiläums ja der rote Handlungsfaden, der sich durch meine diesjährige Brasilienreise zu ziehen scheint.  Zuletzt: Das feucht gewordene Handy. Mal wieder, eine regelmäßige Bewässerung gehört ja zu meinem alltäglichen Mobiltelefongebrauch seit eh und je dazu. Dabei fällt auf: Ob es nun im Klo in Deutschland oder im Fluss in Brasilien landet- das Ergebnis ist das gleiche: Es liegt funktionsuntüchtig im Reis und ich hoffe verzagt auf Genesung. Bisher sieht es nicht sehr gut aus. In weiser Voraussicht hatte ich aber in Köln schon ein neues Telefon eingepackt, denn das Pantanal ist auch wenn man sich nicht so dämlich anstellt wie ich, gnadenlos gegenüber technischen Geräten. Also immer Backup einpacken. Im neuen Handy hatte ich die Apps schon vorinstalliert- ich weiß ja um das Schneckeninternetz hier im Sumpf. Allerdings hatte ich sie dooferweise nicht aktiviert und jetzt wollen alle aktualisiert werden, was ich natürlich nicht kann. Nun denn, ich kann auch ohne Instagram und Co. überleben. Die Nerven habe ich ein bisschen verloren als mir auffiel, dass auch meine Musikbibiothek nicht runtergeladen ist und auch die anderen Musikdateien weg sind. Shit. Ohne meine Musik gehe ich jämmerlich ein!

Am Ende ist es jetzt aber auch ein bisschen lustig: Habe alte Musikdateien auf einer pleistozänen Festplatte gefunden und groove nun im Retroflash über die Farm.

 

Passt ja auch irgendwie wieder thematisch zum Jubiläumsjahr. Dadurch schon einige lang vernachlässigte Musik-Diamanten wieder ausgegraben, das Album „In Echt“ von den Sternen läuft auf Repeat. Die Zeile „Hallo Lexikon, erklär mir wie das funktioniert“ passt dabei am ehesten auf mein WhatsApp Problem: Um WhatsApp zu aktivieren muss man einen Code eingeben den man per SMS zugeschickt bekommt. Telefonempfang hat man hier im Busch natürlich nicht, abgesehen von einem fest installierten Telefon das mit riesiger Antenne verbunden ist und mit einer SIM Karte betrieben wird. Theoretisch könnte ich dort also meine SIM-Karte reinstecken und die besagte SMS empfangen. Das Telefon hängt hinter dem Grillhaus im Garten von Corinne und ich erreiche es nachdem ich mich durch eine riesige Peccarieherde gearbeitet habe. Neugierig beäugen mich einige Pferde als ich versuche meine SIM mit der Welt zu verbinden. Leider will das Telefon meine Karte nicht. Corinne empfiehlt alternativ früh morgens auf den Antennenmast zu klettern und das Handy in der Luft zu schwenken. Um diese Zeit weht wohl manchmal etwas Signal an. Man munkelt außerdem, dass Suelen noch ein altes Handy hat, das man an eine Antenne in der Futterkammer anschließen kann und wenn man es oft an und aus macht, bekommt man manchmal Nachrichten. Bevor es soweit kommt treffe ich heute während wir mit dem Boot Jaguare suchen, aber zufällig Lauro, den Automechaniker aus Campo Grande, angelnd im Nirgendwo am Fluss. Leicht absurde Begegnung- da fährt man 40 Minuten durch einsame Flussschlingen über deren sandige Ufer knorrige Bäume ihre Luftwurzeln baumeln lassen, vorbei an Reihern, Scherenschnäbeln, Wasserschweinen, Ottern und dann eben auch Automechanikern. Er hatte das Team von Jaguarforschern auf die Nachbarfarm gebracht und sitzt jetzt friedlich mit seiner Angel auf einer Sandbank. Praktisch, denn jetzt kann ich ihm die SIM-Karte mitgeben, er kann sie in der Stadt in sein Telefon stecken und mir den Code per Internet schicken. Zumindest theoretisch sollte das gehen. Witzigerweise hatte ich diese Lösung so ungefähr letzte Nacht erträumt.

 

Meine Erreichbarkeitssituation ist bis Lauro den Sumpf verlässt jedenfalls prekärer als sie ohnehin schon war. Denn abgesehen von meinem ganz privaten Telefonfasching glänzt das Internet meistens durch Abwesenheit und tropft nur manchmal in kleinen Portionen durch einen mysteriösen Propfen. Wer und was und wo dieser besagte Pfropfen ist, der das Internet verstopft, konnten wir noch nicht ausmachen. Vielleicht wieder, ebenfalls traditionsbewusst, eine Vogelspinne die irgendwo im System wohnt. Das hatten wir ja alles schon.

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Chris Isaak unter der Grasnarbe

Wenn man eine Weile nicht mehr im Pantanal war vergisst man einige Sachen. Zum Beispiel das ambivalente Gefühl zwischen passiver Aggression und Meditation wenn man auf die kreisenden Icons der endlos ladenden Internetseiten starrt. Oder Schrödingers Whats-App-Katze- dann bekommt man morgens die Nachricht „Du könntest neue Nachrichten haben“ und verbleibt den internetlosen Rest des Tages in diesem schwebenden Zustand, in dem man irgendwie Nachrichten bekommen hat, aber irgendwie auch nicht. Man vergisst auch wie kalt es in Brasilien werden kann und kommt sich ungefähr in gleichem Maße doof vor wenn man in Deutschland Mützen, Schals, Handschuhe und Hausschuhe in den Koffer packt, in dem man sich später dafür feiert, wenn man den ganzen Kram übereinanderstapelt, um nicht steif gefroren hinten vom Pick up zu fallen. Ich versuche Kälte und Internetabwesenheit jetzt gleichzeitig zu besiegen indem ich den Tisch vors Haus gestellt habe, etwas schief wegen eines der omnipräsenten Gürteltierlöcher, aber es geht. Hier scheint die Sonne und es gibt sowas wie Internet. Zumindest endet das Gekreisel des Ladeicons manchmal in einer aufgebauten Internetseite. Dann muss man nur noch schaffen mit den steifgefrorenen Fingern was zu tippen. Als ich ankam war das Internet so schnell, dass ich Oberwasser bekam und die Veröffentlichung von zwei Podcasts und diesem Blog hier versprach. Das nahm mir das Buschnetz direkt übel, und die Antenne quittierte den Dienst. Jetzt mäandert man mit erhobenem Arm über die Farm um mal kurz durch das Fenster zur Welt linsen zu können und von Podcasts träumt man nachts. Und nicht unbedingt gut, denn die Tonaufnahmen für mein FluxFM Radiotagebuch, das immer montags erscheint, müssen tatsächlich irgendwie hochgeladen werden.

 

Wer weiß wie man sich bei der Kälte einheizt sind derweil die Gürteltiere vorm Haus. Die feiern mal wieder Sexparty, diesmal sogar zwei Tage, man gönnt sich ja sonst nichts. Kommt mir SEHR zu pass, denn zeitgleich mit der Sexparty starten wir die diesjährigen Dreharbeiten mit dem Filmteam aus Deutschland die hier zwei Naturfilme drehen wollen. Aufnahmen von vögelnden Gürteltieren für’s deutsche Fernsehn gibt’s jetzt also zuhauf. In allen Posen, allen Kombinationen, riesige Penisse die sich wie Partytröten ausrollen, sechs Gürteltiere in Polonaise hintereinander herrennend, wie alle sich einbuddeln, vier Gürteltiere in einer Höhle und dann hört man nur noch leise Blue Hotel von Chris Isaak da unter der Grasnarbe spielen. Ich schlage vor doch eine Ü18 Variante des Films zu machen, der dann mit Webeunterbrechungen von Sexhotlines nachts um halb 1 kommt. Irgendwann hat das Weibchen keinen Bock mehr und quetscht sich unter einem niedrigen Zaun durch. Das Männchen, das gerade begattend auf dem Rücken hängt wird dabei frontal gegen das Zaunbrett gezimmert und perlt nach hinten runter ab. Das Weibchen trabt davon um endlich Ruhe zu haben, aber schnell nehmen vier andere Männchen die Verfolgung auf. Ringdisko in Köln ist ein Scheiß dagegen. Nach wie vor völlig unerforschtes Verhalten, also die Gürteltiere jetzt. Wobei das Verhalten von Ringdiskobesuchern vermutlich auch nicht hinreichend erforscht wurde. Wenn ich mit den Ameisenbären irgendwann fertig bin mache ich in Gürteltiersexpartyforschung. Ringdiskoforschung wäre mir dann doch zu abenteuerlich.

 

Filmteam ist zur Abwechslung mal der Tiermagnet schlechthin. Nix da Murphy's Law. Glücksschweine. Oder einfach fantastisches Guiding meinerseits :-D... Ameisenbären haben uns jedenfalls auch schon verwöhnt, eine Mama mit riesigem Baby, sicher schon sieben Monate alt, was ungewöhnlich ist, denn eigentlich sollten jetzt erst so langsam die kleinen Babys kommen. 

 

 

Nun denn. Ich versuche dann mal nochmal die blöde Blogseite aufzumachen um den Kram den ich schreibe irgendwann dann auch mal hochladen zu können. Wenn ihr dies lest, hatte auch ich mal Glück!

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Murphy's Puma

Wenn wir thematisch bei Traditionen bleiben wollen, ist zu erwarten, dass alle Tiere wie vom Erdboden verschluckt sind, sobald das deutsche Filmteam die Kamera auspackt. Mit denen werde ich in den nächsten Monaten an zwei Naturfilmen arbeiten und in den letzten Jahren haben wir ja nun schon gelernt, dass Murphy's Law im Pantanal sehr mächtig ist. Alle hampeln wie die irren rum, und dann wenn die Kamera steht, sorgt maximal noch ein imaginärer Steppenroller für Bewegung im Bild. Erzittern lässt mich dahingehend die Tatsache, dass die Viecher heute, also einen Tag vor Anreise des Filmteams, nochmal rasch ein Feuerwerk abgebrannt haben. Prachtvoller Ameisenbär am See mit 12 Hyazintharas am Boden im strahlenden Sonnenlicht. Ein Neunbindengürteltier. Und zuletzt setzt der Puma der den Hirsch jagt dem allen noch die Krone auf.  Das macht er dann vermutlich sobald nicht wieder.

 

 

Der jagende Puma...jaja...Das war sicherlich eine Once in a Lifetime-Sichtung. Ich erzähle sie hier, auch auf die Gefahr hin, dass das Filmteam mit liest und dann auch jagende Pumas bestellt…  Egal. Ich habe gestern die Safari geguided, nachts oben mit Gästen und Scheinwerfer beim Nightspotten auf dem Pick up, da entdecke ich einen Pampas-Hirsch der zum Schlafen im Gras liegt. Grün leuchtende Augen. Wenige Meter daneben noch einer- zumindest nochmal leuchtende Augen… und zwei verdächtig spitze Ohren… das ist kein Hirsch das ist ein Puma!!! Der Puma schleicht in einer Senke an den Hirsch ran, der Hirsch schaut zwar in seine Richtung, vielleicht hört er was, sehen kann er ihn so tief im Gras aber nicht. Die Lauerei dauert vielleicht zwanzig Minuten, wir alle auf dem Auto wie gebannt, irgendwie hoffend eine Jagd zu sehen, aber irgendwie auch hoffend, dass dem Hirsch nichts passiert. Dann, just in dem Moment als alle die Kameras wieder ausschalten oder die Akkus leer sind (sprach ich von Murphys Law?) macht der Puma einen Satz auf den Hirsch zu. Der Hirsch springt auf und rast mit komisch pfeifend, fauchenden Lauten davon. Puma hinterher. Hirsch springt mit einem gigantischen Satz über die Straße, da kommt der Puma nicht mehr mit. Er lässt den Hirsch laufen und trabt zurück zu unserem Auto. Setzt sich davor, schaut ein wenig was das jetzt Komisches ist und zieht dann langsam von dannen. Wir bleiben zitternd und ungläubig zurück. Gefilmt hat keiner, ein paar zittrige Fotos und unvergessliche Erinnerungen sind alles was uns bleibt. 

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Das Stöckchen am anderen Ende der Welt..

Dieses Mal flog ich ja mit so einigen Fragezeichen nach Brasilien. Politische Situation, Sicherheit- ist ja alles gerade nicht so rosig was man so hört. Die Abholzungen im Amazonas sind angeblich seit Amtsantritt von Bolsonaro um 88% angestiegen. Also in nicht mal einem Jahr. Vorher waren sie innerhalb von 12 Jahren um 70% gesenkt worden, was Anlass zur verhaltenen Freude gab.

 

Würde mich ein verändertes Land empfangen? Hm, was meinen Erlebnishorizont betrifft kann ich zumindest bisher sagen „nein“. Hier im Pantanal liegen zum Beispiel die Stöcke, die ich vor Jahren zurecht geschnitten habe um meine Kamerafallen in die richtige Position zu bringen, nach wie vor an den Stellen, an denen ich sie im letzten Jahr zurück gelassen habe um die Kamera im kommenden Jahr genauso, an derselben Stelle wieder aufhängen zu können. Das ist wichtig für meine Studie. Also schlage ich mich 9 Monate lang durch den deutschen Großstadtdschungel (und der hatte in diesem Jahr ja so einige Turbulenzen zu bieten), fliege ein paar Stunden, renne wie ein Idiot durch Flughäfen, fahre mit dem Pick up raus, schlage mich nochmal mehrere hundert Meter durchs brasilianische Dornengestrüpp, feiere meine fantastische neue Machete und reiße mir dabei das erste Loch der Saison in die neue Hose, fange mir die ersten Zecken ein und dann, irgendwo in diesem Wald am Ende der Welt, wartet am Fuße eines Baumes geduldig ein kleiner Stock , den ich vor vielleicht vier Jahren mal mit der Machete auf die richtige Länge gestutzt habe. Vermutlich könnte die Apokalypse abgehen und meine Stöckchen lägen immer noch da. Manchmal bin ich ganz gerührt, wenn ich sie wiederfinde. Eine Konstante, genau wie die Angestellten im Casa do Pão de Queso, die vermutlich auch nach dem Weltuntergang  immer noch ihre unverwechselbare „Attitude“ oder wie man das auch immer nennen möchte, an den Tag legen würden. Als ich am Flughafen in Rio mein traditionelles Pão de Queso mit Cafezinho nach meiner Einreise in Brasilien im Casa do Pão de Queso bestelle, schlurft mir die Bedienung jedenfalls mit dem unverwechselbaren Flunsch und den schweren Augenliedern entgegen, die in dieser Plakativität ausschließlich bei Angestellten dieses Etablissements bewundert werden darf. Ich frage mich wie immer ob es Schulungen dafür gibt, und ob die Charaktereigenschaft Desinteresse und hinreichende Abscheu vor dem Kunden ein wichtiger Einstellungsfaktor im Casa do Pão de Queso Assessment Center darstellt. Bei mir persönlich löst das Verhalten eine Achterbahn der Gefühle aus- ein bisschen Ärger, ein bisschen Staunen, dass Menschen trotzdem bei dem Laden einkaufen, und ein bisschen von dieser Rührung wie ich sie empfinde, wenn ich meine Stöckchen im Wald nach einem Jahr wiederfinde. Ich mag halt Traditionen.

 

Aber natürlich hat sich im letzten Jahr auch ein bisschen was merklich verändert. In Rio gibt‘s mehr Polizeipräsenz, was die Cariocas, also die Bewohner Rios, allerdings nicht weiter beeindruckt: So werden Kokosnüsse und Caipirinhas bei wunderschöner Livemusik zum Sonnenuntergang vor einem der Strandkiosks getrunken, während hinter den Musikern ein Einsatzwagen der Militärpolizei mit rotblinkenden Alarmleuchten für die Lichtshow sorgt. Die Polizisten hinterm Steuer haben die Maschinengewehre lässig über die Schulter gelegt und halten Plausch mit einigen Taxifahrern. Also alles tranqüilo. Eine größere Veränderung begegnet mir in der BipBip Bar. Die Bar über die ich letztes Jahr im Blog unter Geldwäsche und Weihnachtsmann schrieb. Der Weihnachtsmann in Gestalt von Barbesitzer Alfredinho ist leider Anfang des Jahres verstorben. Er war schon alt, also eher eine Veränderung der Sparte „Lauf der Zeit“. Als ich jetzt zur BipBip-Bar komme, spielen wie immer die Sambamusiker fantastischen Samba, aber auf Alfredinhos Thron sitzt jetzt ein anderer Mann, der nicht vermag, das Loch zu füllen, das Alfredinho hinterlässt. Ich komme, als die Musiker Pause machen, mit einem Opa neben mir am Tisch ins Gespräch. Er erzählt mir von der ganz offensichtlich ziemlich denkwürdigen Beerdigung Alfredinhos. Die ging schon so los, dass seine Freunde mit dem Sarg mit Alfredinhos Leichnam auf dem Weg vom Bestattungsinstitut zu seiner Bar, wo er aufgeBARt werden wollte, im Aufzug stecken blieben. Nachdem sie inklusive Leiche befreit werden konnten und Alfredinho in der BipBip-Bar im offenen Sarg lag gab es ein großes Fest, mit vielen Musikern, Samba, Bossa Nova und die Hälfte der Gäste in Karnevalskostümen. Nun ist die BipBip Bar ja nicht sehr groß, 8 m² oder so, und war demnach schon ziemlich voll mit Alfredinho in seinem Sarg. Führte dazu, dass sich die Besucher des Festes an Alfredinhos Leiche vorbei zu den Kühlschränken quetschen mussten. Nun denn, Alfredinho hätte das sicher großartig gefunden. Als dann genug gefeiert worden war wurde der Sarg in einem großen Karnevalsumzug mit mehreren Samba-Gruppen quer durch Rio zum Friedhof getragen. Haha.. Only in Brasil…

 

 

So. Ab ins Feld, Kamerafallen aufhängen und sich über Stöckchen freuen und alles fertig haben bevor das Filmteam anreist. Dann werden wir gut zu tun haben.

 

PS.: Filme und Fotos werden nachgereicht, das macht das Internet nicht mit...

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Schon wieder Möhrensuppe, Oma?

Wenn ich in Campo Grande bin, also in der letzten Großstadt bevor es ins Pantanal geht, ist es mittlerweile ein bisschen, wie wenn man an den Weihnachtsfeiertagen der Reihe nach Verwandte abklappert. Heute Abend Bier mit dem Riesengürteltierforscher getrunken, nachdem ich die Hühnerfarm meiner Freundin Manu besichtigt habe. Bei der wohne ich auch in den Tagen, in denen ich warten muss, bis ein Flugzeug ins Pantanal geht in dem ich mitfliegen kann. Meine liebste Carol und ihre Familie habe ich gestern besucht. Die würde auch gerne mit zu Manu ziehen, denn sie hat gerade noch ein zweites Kind bekommen und die Situation ist aktuell noch etwas… sagen wir… angespannt. In jedem Fall geräuschintensiv. Ich bin am Ende froh als ich bei Carol ankomme, aber auch froh als ich wieder gehe. Nehme aber eine “schöne“ Geschichte mit, aus der Zeit als sie an der Uni in São Paulo Gesundheitskurse für alte Menschen gab. Dazu gehörte absurderweise auch Sexualerziehung. Die Opas ergriffen sofort die Flucht. Die sehr alten Ladies, mit Brille auf der Nasenspitze, die Haare zum Dutt gedreht und Blumenkleidchen, waren hingegen auskunftsfreudiger. Eher etwas zu auskunftsfreudig für Carols Geschmack denn es entspannte sich recht bald eine angeregte Diskussion über den richtigen Garpunkt, den eine Möhre haben muss, um zur Selbstbefriedigung genutzt werden zu können. Roh ist sie zu hart, kocht man sie zu weich bricht sie ab und man hat gut zu tun alles da unten wieder rauszubekommen. Ahso. Beim Frühstück (Tapiokapfannekuchen aus Maniok mit Käsefüllung, siehe Foto, keine Möhren) schütten sich Manu und ich vor Lachen aus, als ich die Geschichte erzähle: „Schon wieder Möhrensuppe Oma? Was kochst du denn die ganze Zeit Möhren?“.

Wie auch immer. Nach dem Besuch bei Carol, treffe ich mich noch mit Lauro, dem Automechaniker, inklusive der unvermeidlichen Cachaҫa Verkostung und erledige die letzten Einkäufe auf dem Cowboymarkt. Da kenne ich mittlerweile auch Hinz und Kunz und werde mit Handschlag am Stiefel-, Messer- und Chilisoßenstand begrüßt. Das sind ja auch so die Sachen, die man braucht und kauft: Stiefel, Machete, Hut und Chilisoßen. Morgen geht’s weiter, dann aber tatsächlich mit der letzten Etappe meiner doch ganz schön langen Reise.

 

 

Dass es ab dann etwas rustikaler zugeht, wird spätestens beim Versuch klar im Internet herauszufinden, wann morgen der Bus von Campo Grande nach Aquidauana geht. Das ist die Kleinstadt im Pantanal, in der ich morgen um 9 Uhr morgens die Ceszna ins Nirgendwo erwischen muss. Ich gebe mich sogar der Illusion hin im Internet vielleicht ein Ticket kaufen zu können. Pfff. Internet? Beim Reisebusunternehmen hat man davon offensichtlich noch nie was gehört und man muss sich ziemlich retromäßig durchtelefonieren. Hihi. Der netten Dame vom Busbahnhof zufolge, scheint es einen Bus nach Aquidauana um 6 Uhr zu geben. Das Busunternehmen „Mato Grosso Express“ ist zwar dafür bekannt genau das Gegenteil von Express zu sein und geschätzt an jedem Kuhgatter auf dem Weg zu halten, aber die 170 Kilometer sollten sie bis 9 Uhr doch schaffen. Danach noch 45 Minuten Flug in der kleinen Maschine und dann ENDLICH, ENDLICH zurück auf Fazenda Barranco Alto. Ich freue mich wie verrückt auf meine Katzen, meine Freunde, das leckere Essen von Léia und natürlich die großartige Natur!

 

Ps.: Hat alles geklappt und ich hab mich schon mal im Garten mit meiner Kamera wieder vertraut gemacht. Siehe unten. Mit scheint die funktioniert nachdem ich sie im Service hatte besser als je zuvor!

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Würde Roland Emmerich meine Reise verfilmen...

Süß. Das war wohl etwas optimistisch. Von wegen „Flug geht“. Die Zustände „Flug geht: gleich…bald… nicht mehr…wohl doch…nie mehr… ohne mich… irgendwann… jetzt doch“ wurden alle in randomisierter und alternierender Folge mehrfach an diesem Tag abgefeiert. Geheult wurde auch. Aber nicht aus Ergriffenheit. Oder naja, wie man’s nimmt- ein Stück weit vielleicht aus Ergriffenheit heute das größte Reisechaos meines Lebens erlebt zu haben. Und ich habe, wie ihr vielleicht wisst, so einige und auch gar nicht so unspektakuläre erlebt.

 

Aber erstmal als kleiner Leserservice und um zukünftigem Rumgerätsel ein für alle Mal ein Schnippchen zu schlagen, hier jetzt schwarz auf weiß die Richtige Platzwahl bei An- und Abflug am Flughafen Santos Dumont: Rio -> São Paulo: Sitz F, São Paulo -> Rio: Sitz A. Ich saß ja A. Aber von Rio nach São Paulo, also auf der falschen Seite.

 

Das Bewundern des Stadtpanoramas hatte an diesem Punkt aber ohnehin schon an Bedeutung verloren, da bereits ziemlich klar war, dass wir den Anschlussflug nach Campo Grande in São Paulo verpassen würden. Möglich gemacht durch einen vollkommen sinnbefreiten Chaosorkan vor dem Gate und anschließend Menschen die mit verlusstig gegangenen Nerven und Drama das Flugzeug wieder verließen, in das man sich ja nun gerade nicht ohne Mühen reingearbeitet hatte (weil sie Angst hatten in São Paulo verloren zu gehen- aus jetziger Sicht kann man ihnen wahrsagerische Fähigkeiten unterstellen). Schließlich noch der spontane Austausch der gesamten Crew, und so startete das Flugzeug in Rio ungefähr zu der Zeit wo auch das Anschlussflugzeug in São Paulo Richtung Campo Grande startete. In São Paulo wurden wir, also die gestrandete Campo Grande Fraktion, dann aus dem Flugzeug quer durch den Flughafen zu einem Serviceschalter getrieben. An dem schrie eine Frau in Uniform man solle ihr folgen und alle gallopierten wieder in die andere Richtung und dann durch verschiedene Stockwerke und Flughafenbereiche vor den Kulissen und Backstage, ich denke ich habe jetzt ALLES gesehen. Ich die ganze Zeit mit meinem bleischweren Kameraequipment im Rucksack. Um uns rum wirbelte das Brasilianische Flughafenchaos, wir aber die Blicke immer stoisch auf den uniformierten Rücken der entschlossen ausschreitenden Flughafen-Frau geheftet, zusammengedrängt wie eine Schafherde. Nur nicht verloren gehen. Was mit uns passieren würde wusste keiner, zu fragen traute sich aber auch keiner, da die Dame ziemlich einschüchternd wirkte. Als wir an den Gepäckbändern vorbeikamen wagte ich eine scheue Frage was mit unseren Koffern ist, die mit einem resoluten: „Werden nach Campo Grande geschickt“ abgekanzelt wurde. Immerhin. Schließlich wurden wir alle aus dem Flughafengebäude raus in die Sonne gescheucht und bevor sich die Augen an das Licht gewöhnen konnten, kommentarlos in einen unbeschrifteten Bus verfrachtet. Hier sitze ich nun. Hoffnung, dass es sich nicht einfach nur um ein ausgeklügeltes Kidnapping-Manöver handelt, gibt mir die Bordkarte, die mir eben ausgehändigt wurde und die ich jetzt in der Hand umklammert halte. Auf der ist mein Name und ein Flug in drei Stunden und ab dem Flughafen jenseits der Stadt angegeben. Es wird allerdings spannend ob wir diesen nächsten Flug überhaupt erwischen, denn wir sind auch nach einer weiteren Stunde noch nicht losgefahren. Vielmehr steigen jetzt ohnehin alle erstmal wieder aus, um in tumultartigen Zuständen zu klären ob die Koffer durchgecheckt sind oder nicht.  Im Bus weht derweil der gute, alte Brasilianische Öffentlicheverkehrsmittel-Eissturm durch die Reihen und auf den Fernsehmonitoren laufen amerikanische Soaps mit merkwürdiger portugiesischer Synchro, die von der Decke durch die Reihen schmettert. Was zu trinken gibt es nicht. Ein Wasser oder vielleicht sogar ein Schnaps wäre nach der Aufregung schön gewesen. Oder ein Glühwein. Beim Langstreckenflug aus Deutschland nach Rio gab’s ja wieder guten Rotwein. Mit meiner Strategie soviel davon zu trinken wie sie mir geben und dann fein acht Stunden durchzuschlafen, habe ich mir wohl eine Reputation erarbeitet, denn als ich vorgestern in Ipanema über den Hippiemarkt schlendere ruft auf einmal jemand: „Ach, die Frau mit dem Rotwein!“. Drei blonde Flauen in Bikinioberteilen winken mir fröhlich entgegen- die Stewardessen vom Flug. Glücklicherweise sind die wohl auch nicht besser, sie haben nämlich PET-Flaschen dabei in denen sie sich für den Marktbesuch Gin-Tonic gemixt haben. Nun denn.

 

Hier im Bus in São Paulo kippt derweil beim dicken Mann vor mir die Stimmung- eigenen, lautstarken Angaben zufolge droht er zu verhungern. Und irgendwie hat er ja recht- es ist mittlerweile 16 Uhr und ich habe gerade mal gefrühstückt. Da noch keine Abreise in Sicht ist, renne ich rasch die Straße runter um herzhafte Teilchen und Bier beim omnipräsenten Straßenhändler zu kaufen. Fühle mich danach weit vorne mit meinen Einkäufen bis klar wird, dass ich mal besser meinen Koffer geholt hätte. Der wird nämlich doch nicht automatisch durchgecheckt wie uns anfangs versichert wurde. Eine Info die nicht groß verkündet wird, sondern eher aus den Handlungen der Mitreisenden gelesen werden muss, deren Nicht-Beachtung aber dazu führen kann, dass man die nächsten drei Monate nackt gehen muss weil der Koffer verschollen ist. Bis ich das geschnallt habe, haben die meisten Reisenden ihre Koffer an den, natürlich, am anderen Ende des Flughafens gelagerten Gepäckbändern abgeholt und der Bus will losfahren. Mit den vier verbleibenden Deppen, die ihren Koffer noch nicht haben renne ich also mal wieder den ganzen Weg zurück, vorbei an sämtlichen vorhandenen Terminals. Vielleicht war es dabei keine gute Idee vor lauter Panik mein gesamtes Handgepäck inklusive meiner Papiere in einem Bus zu lassen, dessen Passagiere auf Abfahrt drängen, weil sonst auch der nächste Flieger auf der anderen Seite der Stadt ohne uns abfliegt. Ungefähr als ich am Ende meiner Kräfte den Koffer in Empfang nehme um nun zum vierten Mal quer durch den Flughafen zu rennen, fange ich aus Verzweiflung an zu weinen. Glücklicherweise steht der Bus noch mit laufendem Motor da. Es fehlen aber noch die Omis die mit mir ihre Koffer noch holen mussten und die nicht so schnell rennen können.

 

Am Bus selbst hat das Ganze In der Zwischenzeit katastrophenfilmartige Züge mit der typischen Rollenverteilung angenommen: Die schicke, rücksichtslose Geschäftsfrau verlangt, alle die noch fehlen einfach zurückzulassen um den Flieger zu bekommen. Der dicke Mann hat sich derweil heldenhaft in die Tür geklemmt um zu verhindern das das passiert. Die Flughafenmitarbeiterin, die vorhin noch so einschüchternd war und die Fehlinformationen gestreut hat, weint. Ich auch, aber als ich sicher sitze, mein vorhin ergattertes Bier öffne und die Omis auch an Bord sind, wird es besser.

 

Statt sich mit seinen Befindlichkeiten auseinander zu setzen, darf man sich an dieser Stelle aber auch eher das Totenhemd überstreifen, so wie der Bus jetzt durch den dichten Verkehr São Paulos rast. Der dicke Mann macht in der Zwischenzeit eine kleine Handy-Video-Reportage in der er die Situation anmoderiert und dann das Kind filmt, das verzweifelt nach Essen schreit. Am anderen Flughafen kommen wir um 17:10 Uhr an. Um 17:50 Uhr geht der Flug und wir haben noch nicht unsere Koffer aufgegeben. Der dicke Mann übernimmt das Kommando, wir rennen wieder eng zusammengedrängt quer durch den neuen Flughafen. Veranstalten in Teamarbeit einen so beeindruckenden Aufstand am Baggage Drop, dass uns eine neue Flughafen-Angestellte unter ihre Fittiche nimmt und mit uns Richtung Security rennt. Dort werden wir durchgetrieben, im gestreckten Gallopp an allen Gates vorbei und rein in den Flieger. Puh. Ich bin nass geschwitzt, absolut am Ende, froh, es geschafft zu haben und zugleich sauer: Nach dem ganzen Angstschweiß hat mein Deo versagt. Damit erfülle ich das Klischee der Deutschen die den Brasilianern zufolge nach Wildschwein riechen. Liegt vermutlich daran, dass die deutschen tatsächlich eine durchschnittlich geringere Duschfrequenz als die Brasilianer haben, was in Deutschland ok ist, denn da ist es normalerweise ja auch kälter, die Touris halten ihre normale Frequenz aber oft in Brasilien bei und riechen dann unangenehm. ICH HABE ABER HEUTE MORGEN NOCH GEDUSCHT! Ich kann überhaupt nix dafür, das wissen die Leute im Flugzeig rechts und links von mir aber nicht, die waren bei dem Drama ja nicht mit dabei. Naja wie auch immer. Jetzt also irgendwann Ankunft in Campo Grande. Oh Mann.

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Brasilien 2019- In der Weihnachtsbäckerei

Gut. Wir haben das jetzt schon oft genug gemacht um zu wissen: Wenn ich es in Rio noch schaffe einen Blogeintrag zu schreiben, heißt das noch lange nicht, dass es damit später weiter geht. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt, also bezeichne ich diesen Blogeintrag mal den ersten Blogeintrag von meiner Zeit in Brasilien die jetzt vor mir liegt. Aktuell in Form des Santos Dumont Flughafens in Rio de Janeiro wo ich gerade auf den Flieger warte und mir den Kopf zerbreche ob ich einen Sitzplatz auf der falschen oder richtigen Seite habe. Wenn man hier nämlich startet oder landet liegt einem die gesamte spektakuläre Schönheit Rios zu Füßen- Zuckerhut, Jesusstatue, volles Programm halt, und ich ergriffend heulend hinter dem Flugzeugfenster, den Text von „Samba do Aviao“ im Kopf, einem Lied in dem genau dieser Flug beschrieben wird („…Rio teu mar, praias sem fim Rio você foi feito pra mim…“). Das alles zumindest, wenn ich rechts sitze. Links guckt man wahlweise unspektakulär Richtung Meer oder macht sich unbeliebt und holt sich einen steifen Nacken wenn man versucht um die Leute rum durch die gegenüberliegenden Fensterseite zu luren. Ungefähr so doof wie wenn man auf der IC-Strecke Mainz-Köln auf der Hangseite und nicht Richtung Burgental und Rhein sitzt.

Da soll es aktuell ja SEHR warm sein. Also in Köln jetzt. War’s eigentlich auch schon als ich mal wieder meine nicht enden wollende Pack-Orgie abgefeiert habe. Immer wieder schön die Wohnung für den Zwischenmieter leer zu räumen und die ganzen scheiß Kisten aus dem fünften Stock zu tragen bei traditionell 800°C und Hochsommer. Als ich die Kisten ins Auto lud, schob eine Mutter mit Kind im Kinderwagen vorbei das lautstark „In der Weihnachtsbäckerei“ sang. Vielleicht wegen Backofen und so. Ich fühlte mich jedenfalls abgeholt.

 

So Flug geht, Rest später. Grüße.

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Afrika!

 

Freunde von mir haben das Adjektiv "goyambel" erfunden, ich glaube im Zuge eines Gran Kanaria Urlaubes. Es beschreibt liebevoll nicht so total durchdachte Gegenstände oder Verhaltensweisen. Zum Beispiel die Wasserhähne in Irland wo es einen Hahn für warmes- und einen Hahn für kaltes Wasser an den jeweils gegenüberliegenden Enden des Waschbeckens gibt. Man darf sich entscheiden ob man sich die Finger verbrennen oder abfrieren lassen möchte. Sehr goyambel. Nun sitze ich in Frankfurt am Flughafen um nach Afrika zu fliegen. Dem Klischee zufolge ja die Mutter des Goyambeltums. Man darf gespannt sein, mehr dazu später.

 

Die Afrikareise ist überfällig. Zwei meiner allerliebsten Freundinnen leben dort. Genauer in Südafrika. Ich habe sie bisher nie besucht, weil ich meine Afrika Reise immer toll und groß abfeiern wollte, mit Zeit und Geld und Erdferkelprojekte besuchen und so. Da das nun aber immer noch nicht in Aussicht war (wo bleiben sie denn die Reichtümer?) und Judith im April zurück nach Deutschland kommt, fand die Reise jetzt also ohne Zeit und ohne Geld statt.

 

Es ist das Schicksal einer globalisierten Welt und meiner reisefreudigen Generation: So viele Menschen die für mich lieb und kostbar sind leben überall auf dem Globus verteilt. Ich sitze ja auch ständig im brasilianischen Busch. Immerhin haben sich aber einige in Südafrika akkumuliert, oder zumindest vier, die zählen aber für zehn und ich kann sie jetzt nacheinander schön besuchen.

 

Mit Judith, die jetzt mit ihrem tollen Mann Daniel, ihrer Tochter Lola und Hund Bonnie in Kapstadt lebt und die ich zuerst für eine Woche besuchen fahre, habe ich schon SEHR früh Theater gespielt. Im Publikumshit „Der fliegende Teppich“ waren wir so sieben. Darin musste ich mich unter anderem als Schlangenbeschwörer im weißen Kaftan mit dem Hintern zum Publikum hinknien und eine Stoffschlange an einem Faden aus einem Korb angeln. Lerne: unter weißen Kaftanen sieht man rote Frottee Unterhosen SEHR gut. Judith war Bauchtänzerin und musste sich keinen Schnurrbart anmalen lassen.

 

Birthe gehe ich danach besuchen. Mit ihr habe ich zusammen in Würzburg studiert. Als ich mein erstes Tropenökopraktikum mit den Ameisenbären in Nordbrasilien gemacht habe, ist Birthe nach Südafrika gegangen um Meerkatzen zu studieren und hat sich ziemlich prompt mit Jabu verliebt der auf der Forschungsstation weit oben im Norden in den Bergen arbeitete. Heute ist sie mit Jabu verheiratet, sie leben mit ihren vier Hunden in den Soutpansbergs und managen eben diese Forschungsstation. Ich habe sie seit wir in Würzburg nach dem Studium vor 11 Jahren alle auseinander gegangen sind nur noch einmal gesehen. Da hat eine Freundin geheiratet, ich sollte als die Hochzeit stattfand schon längst in Brasilien sein, konnte aber meinen Flug umbuchen und bin als Überraschung für Birthe auf die Hochzeit gekommen. Mega Tränensturz auf beiden Seiten, natürlich.

 

Beide, also Judith und Birthe und ihre Männer auch, gehören zu den Leuten die ich fast nie sehe oder höre, die aber so fest in meinem Herz sitzen, dass der Arsch direkt wieder auf den Eimer ploppt wenn man sich nach einer Ewigkeit wieder trifft. Dementsprechend freue ich mich gewaltig. Und dann auch noch sowas wie Urlaub! Das passiert mir nicht so oft, auch wenn alle immer denken ich würde endlos urlaubend in der Weltgeschichte rumreisen.

 

 

Kleiner Hinweis noch: Fliegen ist ja scheiße und man sollte es nicht tun. Jetzt mache ich es trotzdem, weil mein Herz es so will. Wenn es euch auch so geht, zahlt bitte CO²-Ausgleichszahlungen. Sind steuerlich absetzbar, tun also gar nicht weh, und die Treibhausgase die euer Flugzeug in die Luft bläst werden durch Klimaprojekte zumindest teilweise kompensiert. Es gibt dazu mehrere Seiten wie z.B.: myclimate.org.

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Ein Klassiker der Ameisenbärenforschung

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**Rio de Janeiro Breaking News** Weihnachtsmann nachweislich in Geldwäsche involviert!

Pah, Rio. So unverschämt schön. Müssen die Entdecker ja große Augen gemacht haben, als sie die Buchten und Felsen und Strände und Fregattvögel überm Küstendschungel sahen. Genau wie bei den Iguaҫu-Wasserfällen: Die Vorstellung sich wochenlang einer Indianer-Legende folgend durch den Regenwald zu schlagen, dann immer lauter das Grollen zu hören das den Fällen ihren Namen verpasst hat, und dann plötzlich vor diesem unfassbaren Naturspektakel zu stehen. Wahnsinn. Wobei Köln ja in diesem Jahr auch einen Sommer abgeliefert hat der sich gewaschen hat. Ist zwar ein bisschen Äpfel mit Birnen vergleichen, aber das soll ja hier keine Lobhudelei für das Gras auf der anderen Seite des Zauns sein.

 

Auf jeden Fall ist Rio ein alter Angeber. Ein bisschen wie seine Bewohner zeigt es gerne was es kann und hat und abends ist es erst zufrieden wenn auf den Felsen vom Arpoador, wo sich alle treffen um den Sonnenuntergang anzuschauen, nach einer wieder mal maßlos übertriebenen Farbexplosion der Applaus aufbrandet. 

Heute habe ich Rios Schönheit dann ganz zu seiner Zufriedenheit ausgiebig bewundert: morgens quer durch die Favela Virdigal auf einen der „Zwei Brüder“ gestiegen. Das ist einer der zwei Berge auf die man vom Strand in Ipanema guckt, und von denen man dann logischerweise auch auf den Strand von Ipanema runter guckt und abgesehen davon aber zusätzlich auf einen ganz schön großen und dekorativen Rest von Rio. Anstrengende Sache das, darum danach erstmal eine sehr amtliche Strandcaipirinha mit Maracuja und diverse verbrannte Käselutscher am Strand verdrückt. Das fühlt sich mit Blick auf den echt hohen Berg auf den man an diesem Tag schon gelaufen ist direkt viel gerechtfertigter an, da kann man dann auch guten Gewissens einfach noch eine weitere Caipirinha bestellen. Mit zwei ordentlichen Caipis intus fällt die Kletterpartie auf die Felsen vom Arpoador zum standesgemäßen Sonnenuntergangbewundern etwas abenteuerlicher aus als sonst, der Applaus nach dem die Sonne weg ist dann aber auch gleich viel frenetischer. 

Bei abklingender Wirkung verlangt der geplante Gang zur Bar „Bip Bip“, in der es nach einem Tipp vom Schwesterherz super sein soll, einem dann so einiges an Überwindung ab. Aber ich ziehe es durch, denn dort gibt’s quasi jeden Abend mehr oder eher weniger organisiert Live Musik unter strengem Regiment von Alfredinho. Das ist ein knuffiger, bärtiger, etwas weihnachtsmannesquer Opa, der auf drei aufeinander gestapelten Plastikstühlen vor seiner Bar thront. Jeder der kommt oder einfach vorbei läuft herzt, küsst und umarmt Alfredinho und dann freut er sich und strahlt stolz in die Runde. Zumindest wenn man kein Parfum aufgetragen hat. Das ist hier nämlich verboten, denn Alfredinho ist dagegen allergisch. Zugehöriges Parfum-Verbotsschild hängt laminiert direkt über seinem Thron. Neben dem Schild, dass „absolut, auch nicht eine Kreditkarte“ für die Bezahlung akzeptiert würde. Links davon der Hinweis, dass die Stille der größte Applaus für die Musiker ist. Irgendwo muss da eine Grundschullehrerin ihre Finger im Spiel haben, so viele Schilder wie hier laminiert wurden. Was die Stille betrifft ist Alfredinho eisern. Wer es wagt sich während der Musik laut zu unterhalten wird sofort zurecht geschuscht. Anstelle von klatschen wird geschnippt. 

Um Alfredinho herum ist seine Kommandozentrale aufgebaut: Zwei Festnetztelefone die ständig leise (!) klingeln, ein Faxgerät, Bürozubehör und ein Wust an mysteriösen Listen die immer wieder interessiert von Passanten und Gästen studiert werden. Hier laufen die Fäden im Viertel zusammen. Ganz klar. Die winzige Bar selbst hat nur einen Tisch und da sitzen die Musiker dran. Heute Bossa Nova Jam Session, das Publikum kann jede Zeile mitsingen. Bier holt man sich selbst, meldet sich beim ersten bei Alfredinho an, der trägt den Namen in eine seiner Strich-Listen ein und reckt dann nur noch den Daumen wenn man mit einem neuem aus der Bar kommt. Ist notiert. So weiß er ganz genau wer in seiner Bar ist, wieviel jeder trinkt und wie derjenige heißt. Sein kleiner Kosmos. Bei ihm mit am Tisch sitzt ein alter Casanova der nicht mehr so gut auf den Beinen ist, es aber meisterlich beherrscht diesen Umstand zu vertuschen: Wenn er mal aufstehen muss, gibt er der nächstbesten Frau einen Kuss auf die Hand und zieht sich währenddessen unauffällig an selbiger hoch. Mega Trick.

 

Schon witzig aus wie vielen Paralleluniversen sich unsere Welt zusammensetzt von denen wir selbst nur einen Bruchteil kennen. Jedes einzelne zusammengesetzt aus vielen Galaxien um die kleinere Sonnensysteme rotieren. Alfredinho ist definitiv Sagittarius A*, also das Massezentrum dieser Bip-Bip-Bar-Galaxie im Paralleluniversum der Copacabana. 

Auch wenn ich nach dem ersten Bier gleich wieder gut in Schwung geraten bin, leider relativ frühe Abreise meinerseits (morgen Flug nach Campo Grande), unter ausgiebigem lamentieren von Alfredinho. Unsere Hochzeit ist für meine Rückkehr nach Rio in drei Monaten angesetzt. Hände und Gesicht noch von Alt-Herrenküssen benetzt, will ich noch rasch eine Flasche Wasser im nächsten Kiosk kaufen. Leider werden dort meine Geldscheine nicht akzeptiert: Das Wechselgeld, das ich von Alfredinho bekommen habe, ist komplett mit Schokolade eingematscht. Was auch immer er damit getrieben hat. So ist das vielleicht, wenn man mit dem Weihnachtsmann Geschäfte macht. Man kommt sich schon doof vor, wenn man Geldscheine mit Duschgel einreibt um Schokolade abzuwaschen. Brasilianische Geldwäsche mal anders…

Angekommen in Campo Grande, in froher Erwartung von einigen bitter nötigen Freundinnentagen mit Carol bevor es endgültig zur Farm geht, ist erstmal mein Koffer verschwunden. Ja super. Die Aussicht, drei Monate in schlechtsitzenden Hosen die hektisch hier im Einkaufszentrum gekauft wurden zu verbringen, versetzt mich ein bisschen in Stress. Während ich am Schalter die Suchanzeige aufgebe und mit meinem Schicksal hadere, wird alles aber sehr bald relativiert: Am Lost-and-Found-Schalter nebenan wurde nämlich eine verlorene Oma abgegeben, die jetzt gerade verzweifelt mit ihrem Sohn telefoniert. Der hat ihr aus Versehen ein Ticket nach Campo Grande anstatt nach Campinas Grande in Paraíba gekauft. 3000 Kilometer Unterschied, wohlgemerkt. „Ich bin hier in Mato Grosso do Sul!“ ruft sie in den Hörer. Das Mädel hinterm Schalter, das gerade meine Suchanzeige notiert raunt mir zu, sie habe gedacht schon Suchanzeigen für alle Dinge die möglicherweise verloren gehen können geschrieben zu haben, aber nein. Eine Oma gab’s bisher noch nicht. Ich würde ja gerne mal das Formular mit der Beschreibung der Fundsache sehen…

 

Da ist mir der verlorene Koffer doch lieber. Taucht auch abends wieder auf, als ich gerade gemütlich mit Carol eine riesige Pizza verdrücke: Es klingelt an der Tür, in der Gegensprechanlage wird die Lieferung des Koffers angekündigt, als ich das Hoftor öffne steht da mein Koffer ganz allein auf dem Gehsteig und sagt „Hi Lydia, ich bin dein Koffer, ich hab dich vermisst, hihi hihihihi…“. Der Liefertyp kommt aus einem Winkel in dem er sich für diesen tollen Scherz versteckt hatte und feiert sich ausgiebig dafür. Man muss sich seine Arbeit halt nur lustig machen…

 

Morgen um vier Uhr abreise zur Farm. Juhuuuu! 

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Am Ende ist Rio auch nur Köln...

Dass man in Brasilien ist merkt man spätestens, wenn einen hinterm Gate die unverkennbare Kombi aus gewagter Elektroinstallation mit pingelig sauberen Toiletten begrüßt. Erstere kommt in Gestalt einer ohnehin schon scheppen Alarmlampe daher, die dann aber auch noch schief in einem Loch hängt das falsch in die Edelholzimitation aus Sperrholzplatten gesägt wurde. Brazil in a Nut-Shell.

 

 

Die Klos haben dann eher was von einer sterilen, stylishen Zahnarztpraxis. Frage ich mich ja immer, wie das bei uns auf Brasilianer wirken muss: Die reisen nach Deutschland in Erwartung des so vielgepriesenen Landes mit hoher Effizienz, wo sowieso alles ordentlicher als in der brasilianischen Bagunҫa ist und dann begegnet ihnen als erstes eine deutsche öffentliche Toilette. Nun ja.

Vermutlich kann da nur noch der Gebrauch eines deutschen Staubsaugers die Erwartungen wieder zurechtrücken. Ich habe mir jedenfalls vor meiner Abreise einen Miele Staubsauger von meinen Nachbarn in Köln geliehen, musste ja meine Wohnung wieder für einen Zwischenmieter herrichten. Bei dem ganzen Staub gedacht viel hilft viel, also den auf volle Möhre gestellt und dann faltete sich das Raum-Zeit-Kontinuum einmal in einen Staubsaugerbeutel in der Erfstraße in Köln ein und erst wieder aus, nachdem ich panisch wieder ausgestellt hatte. Huch! Regler runtergedreht, angeschaltet, eine Plastiktüte auf meinem Bett setzt sich aus ziemlich großer Distanz in Bewegung und wandert lärmend vorne in den wilden Sauger. Wieder ausschalten und die Plastiktüte da wieder rausprukeln. Regler noch weiter runter gedreht, jetzt ist es ein bisschen, als würde man mit einem Hund auf einer Fressmeile spazieren gehen. Alles was irgendwie rumliegt wandert ins Maul und muss ihm mühsam wieder abgerungen werden. Aber gut, heißer Ritt, Waffenschein für Miele Haushaltsgeräte sollte mal angedacht werden.

Irgendwann ist dann aber die Wohnung sauber, die Kisten verpackt, der Koffer gepackt, der 40 Geburtstag meines Cousins in Ostwestfalen gefeiert, die Steuererklärung eingereicht, die 38000 Verabschiedungsveranstaltungen mit vielen lieben Leuten gefeiert, wie jedes Jahr haufenweise Lesebrillen im 1 € Laden für die Leute auf der Farm gekauft, wie jedes Jahr Zigarren für Lauro im Tabakladen am Rudolfplatz (in dem man als weiblicher Kunde eine große Sensation darstellt) gekauft, wie jedes Jahr zum Metzger gefahren um Würste für Lucas zu kaufen. Ach nein. Lucas ist dieses Jahr ja nicht mehr auf Fazenda Barranco Alto. Er wohnt jetzt mit Marina und den Mädchen in der Schweiz, und erstmalig habe ich keine großangelegte Wurstbestellung vorliegen. Die zu erwartenden Veränderungen werfen so vor dem Wurstfachgeschäft in Köln ihre Schatten voraus. Und das wo sich die Metzgersfrau doch immer so freut, wenn sie wieder für Brasilien die Wurst vakuumieren darf. Etwas ratlos lungere ich vor dem Laden herum und kaufe am Ende doch einfach nochmal Wurst. Kommt schon weg- die Wurstfachverkäuferin ist ähnlich erschüttert wie ich, dass Lucas nicht mehr dort sein wird. Immerhin absolvieren wir den traditionellen Kauf seit nun schon 7 Jahren! Als Finale noch Haribo und Schokolade in den Koffer packen, 1,2,3,4,5,6 Kölsch zum Abschied mit meinen liebsten Lieben an der Bierschwemme im Bahnhof trinken, dann Zug, Flugzeug, Brasilien.

Beim Landeanflug in Rio de Janeiro herrscht die übliche Enttäuschung, dass der geliebte Langstreckenflug schon wieder vorbei ist. Ich hab ja nur zwei Filme geguckt und gar kein Skat auf der App gespielt! Mal wieder viel zu fest nach dem ganzen Stress geschlafen. Bei den ganzen winzigen Lichtern der Millionenstadt, die unterm Flugzeug vorbei ziehen, fällt mir der alte Cowboy im Pantanal ein: Als der zum ersten Mal im Flugzeug saß hat er sich über die vielen weißen Mäuse am Boden gewundert... Waren in Wahrheit die weißen Rinder, der bekam nur die Relationen nicht klar. Wären die Menschen da unten nur so groß wie Mäuse, wären die Probleme mit der Zerstörung der Erde vielleicht kleiner. Aber das hält vermutlich auch keiner näheren Betrachtung stand. Vermutlich wäre dann auch die Geburtenrate deutlich höher und die Biomasse am Ende die selbe und somit hätte man den gleichen Salat.

 

 

Wie auch immer. Erste Amtshandlung in Rio ist die traditionelle Hühnersuppe im Galetos. Die beste auf der Welt und meine Mutter macht schon eine sensationelle Hühnersuppe. Am Nachbartisch werden lautstark Saufgeschichten rekonstruiert. Man ist sich nicht einig ob das jetzt Karneval war oder nicht.

 

Am Ende ist Rio halt auch nur Köln…

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Vom Himmel gefallen

Stehe mitten im Wald, eine hier aufzustellende Kamerafalle in der Hand, als mir ein goldenes Flauschbällchen aus dem Himmel vor die Füße purzelt und mich entsetzt anstarrt. Äh. Bei 36 °C im Zeckeninferno arbeitet das Gehirn zugegeben etwas langsam. Ich starre verständnislos zurück, kann nicht einsortieren was ich da gerade sehe. Schweift das Gehirn übersprungshandlungsmäßig ab…

 

Wann ist es eigentlich wieder so heiß geworden? Erst eine Woche ist es her, dass ich beim Kamerafalleneinsammeln vom Megaunwetter überrascht wurde. Temperatursturz von 38 °C auf 17 °C. Strömender Regen aus dem eben noch wolkenlosen Himmel, ich (mal wieder mit Kamerafalle) irgendwo im Wald und auf einmal schlagen rund um mich rum Blitze ein. Ich muss wie eine Blöde durch den Dornenwald Richtung endlos weit weg geparktem Auto rennen. Bis ich da bin, bin ich nass bis auf die Unterhose und die Schienbeine komplett zerkratzt. Im Auto dann ja zumindest vor Blitzen sicher. Faradayscher Käfig, blablabla. Stellt  sich allerdings die Frage wie laut der Knall ist, wenn der Blitz im Auto einschlägt? Ich halte mir mal pro forma die Ohren zu. Sonst überlebe ich zwar den Einschlag, bin aber taub. Ich beobachte wie wunderschön sich die Blitze durch den Regenschleier im Salzsee reflektieren. Parke das Auto dann noch ein Stückchen vom Wald weg- wenn der Blitz zwar vom Metall umgeleitet wird, mich im Anschluss aber ein Baum erschlägt, habe ich ja auch nix dazu gewonnen. Dann wäre zu allem Überfluss auch noch das AUTO KAPUTT! Wäre immerhin stilecht, wenn ich noch eins von Lucas Autos mit ins Grab nehmen würde. Á propos: Würde bei einem Einschlag wohl die Elektrik kaputt gehen? Faradayscher Käfig hin oder her?

 

Ich freue mich ja über Regen in der ganzen Trockenheit, aber muss das IMMER an dem Tag sein an dem ich meine Kamerafallenaktion habe, also stundenlang in der Pampa rumhampeln muss, während zuhause zu allem Überfluss die frisch gewaschene Wäsche auf der Wäscheleine versucht zu trocknen?  Vor zwei Wochen beim Kameraaufstellen schon der gleiche Blödsinn. Da bin ich mit dem schlechtgelaunten Pferd und einem Haufen Kamerafallen im sturzbachartigen Regen gelandet. Von der Regenhülle des Rucksacks lief alles hinten in die (letzte saubere) Hose und wenn man vom Pferd abstieg, der Matsch in die letzten trockenen Schuhe.

 

Und dann wurd’s wieder heiß. Diesmal ist es beim Kamerafallenaufstellen SEHR weit davon entfernt zu regnen. Keine Wolke in Sicht. Murphys Law, diesmal habe ich meine Wasserflasche expertenmäßig in der Küche stehen lassen und dürste so den ganzen sonnigen Vormittag vor mich hin. Mittlerweile, wie gesagt, 36 °C im Zeckenwald und vor mir das goldene Knäuel das gerade motzend auf eine Palme klettert. Ein Brüllaffenkind. Ist irgendwie aus dem Baum gefallen, oben in den Wipfeln schimpft lautstark der Rest der Brüllaffenfamilie, der Name ist Programm. Motzen die wegen mir???! Als ob ich was dafür könnte, dass die ihre Aufsichtspflicht verletzt haben! Vielleicht bemängeln sie aber auch die mangelhaften Kletterkünsten des Affenkindes.  

 

Die kleine Fuddelpalme mit den dünnen Wedeln, die sich das Kleine ausgesucht hat um zur Verwandtschaft in den Bäumen zu steigen, ist zum Beispiel nicht gerade die beste Wahl. Das Palmblatt an dem es sich hochkämpft neigt sich unweigerlich wieder zu Boden und dann steht es wieder ratlos vor mir. Nächster Versuch, wieder die doofe Palme, diesmal hat er Glück und das Palmblatt wippt mit dem kleinen Affen auf der Spitze rüber zu einem Baumstamm. Den klettert er hoch, dann auf einen Zweig der ganz offensichtlich eine Sackgasse ist, ratloses Rumgehangel auf viel zu dünnen Zweigen, also wieder zurück, anderer Ast, anderer Baum, ganz offensichtlich müssen auch Affenkinder erstmal Klettern lernen. Nach vielem Hin- und Her schafft es der Kleine endlich zu seiner Mama. Puh! Vorwurfsvoll lugt er hinter ihrem Rücken zu mir runter, dann zieht sie ihn an sich heran und er kuschelt sich an ihren Bauch und beginnt zu säugen.

 

Happy End.

 

 

Auch für mich- das war die letzte Kamerafalle, die noch aufgestellt werden musste. Kann ich endlich nach Hause fahren. Durst!!! Ich Depp mit ohne Wasser. Nö, die Flasche steht ja schön kühl in der Küche. Aber wir sind ja immerhin im Feuchtgebiet. Da wird man ja wohl kaum verdursten. Nehme aus dem Wald eine große Schale der Ximbó Nuss mit, stapfe durch das sumpfige Ufer des nächstbesten Süßwassersees um Wasser zu schöpfen. Schmeckt scheiße und man kommt sich denkbar dämlich dabei  vor- Rüdiger Nehberg für arme. Und die nach dem letzten Regen gerade getrockneten Schuhe wären dann mal wieder nass. Soviel dazu. 

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Anakonda mit Ara im Schwitzkasten

Claudia ist mit zwei italienischen Gästen noch nicht von ihrer morgendlichen Safari mit dem Jeepinho zurück gekommen. Wir hängen kurz vor dem Mittagessen hungrig unterm Mangobaum rum, latent besorgt auf einen Funkspruch wartend, denn bei so einer Verspätung liegt die Vermutung nahe, dass der Jeep wieder den Geist aufgegeben hat. Der geht ja bekanntermaßen gerne mal kaputt. Wer wenn nicht ich kennt sich damit aus. Tatsächlich bricht er aber nicht nur mir unter dem Hintern auseinander, sondern auch allen anderen. Edson der Chefcowboy sagt immer: "Der Jeep lässt die Leute zu Fuß im Feld." Bisschen gemein. Meistens funktioniert das Auto ja und WENN es funktioniert ist es das großartigste Auto das es gibt. Nichts gegen meinen Jeep.

 

Gut. Zugegen hat Edson schon ein bisschen recht- erst kürzlich hielten wir abends im Dunkeln neben dem Baumstamm an, in dem die blöde Vogelspinne wohnt (blöd, weil sie sich meistens in ihrem Loch versteckt und dann leise da unten drin kichert wenn wir wieder extra um sie zu sehen einen unnötigen Umweg gefahren sind). Diesmal hörte man es noch etwas lauter kichern, denn offensichtlich ist sie nicht nur wie immer im Loch abgetaucht, sondern hat uns zusätzlich die vier Schrauben der Kardanwelle vom Jeepinho geklaut. Zumindest klackert er nach dem kurzen Stopp nur laut anstatt loszufahren. Unterm Auto hängt alles lose, keine Spur von den fehlenden Schrauben, schön. Alle haben schon Feierabend, niemand hört unsere Hilferufe im Funkgerät. Extrarunde zu Fuß gewonnen. Eine halbe Stunde durch den nächtlichen Sand bis nach Hause. Hat man gleich am nächsten Morgen auch was zu tun- neue Schrauben in die Welle schrauben um den Jeep heile wieder nach Hause fahren zu können. Während Klaus unter dem Auto robbt und ich die Frauenrolle in Form von dekorativem Anreichen der Schraubenzieher erfülle, kommt noch der Sensationstourismus, diesmal in Form von Cowboy Tom auf seinem Pferd, vorbei getrabt.

 

Aber...äh... ich schweife ab. AUF JEDEN FALL funkt Claudia, die ja im Feld verschollen ist, jetzt tatsächlich. Allerdings nicht, um wie befürchtet den neuerlichen Zusammenbruch des Jeeps zu verkünden, sondern weil sie eine Gelbe Anakonda entdeckt hat die einen Blau-Gelben Ara stranguliert. Anakondas sieht man selten und erst recht eine Anakonda die einen Papageien am Wickel hat, denn die Schlange wohnt im See und der Ara normalerweise auf dem Baum. Wenn der Ara allerdings am Seeufer trinken geht, kann das auch schonmal anders aussehen... Jetzt geht auf einmal alles ganz schnell. Ich kann gerade noch meine Kamera schnappen dann sitzen schon Gäste, Forscher und Lucas auf der Toyota auf dem Weg zur Schlange. Laut Claudia ist die fast um die Ecke von der Farm, im See der "drei Brüder", benannt nach den drei Palmen an seinem Ufer. Tatsächlich sieht man schon von weitem glänzende, verknotete, gelb-schwarz gepunktete Schlingen um einige traurige, nasse Federn gewunden.

 

Enorm. Der arme Ara. Und trotzdem unfassbar so eine riesige Schlange in Bewegung zu sehen zu sehen. Sie hat den Kiefer ausgehängt um den Papagei demnächst ins Maul zu stopfen. Unter der Haut sieht man die Muskeln arbeiten. Mindestens vier Meter lang, schätze ich. Wir stehen alle bis zu den Knien im schlammigen Wasser des Sees und staunen. Die Schlange lässt sich nicht stören. Justiert nochmal ihre Position nach, ruht zwischen drin immer wieder aus. Anstrengende Angelegenheit... Hat sie den Ara erstmal verschluckt verdaut sie mehrere Tage an der Riesenportion. Vielleicht pietätlos, aber ich bekomme bei dem Anblick ja Hunger. Ist ja immerhin Mittagsessenzeit.

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Auf Sand gebaut

Jung und knackig auf meiner ersten Festa Junina 2011
Jung und knackig auf meiner ersten Festa Junina 2011

Das mit dem „Nichts ändert sich“ hält natürlich keiner näheren Betrachtung Stand. Spätestens wenn ich über Fotos von der Farm und ihren Bewohnern von 2010 stolpere fällt unweigerlich ins Auge dass wir alle in den letzten sieben Jahren... ich sage mal… gut gereift sind. Wie ein Wein. Oder so... Vor allem die Kinder waren doch irgendwie noch Kinder als ich zum ersten Mal kam und sind jetzt schon richtige kleine Weiblein und Männlein. Caique, der als Kleinkind vor dem Forscherhaus in Windeln hinter den Gürteltieren her rannte geht jetzt zur Schule und reitet am Wochenende mit seinem Opa dem Chef-Cowboy und den anderen Männern zur Arbeit mit den Kühen.

Abgesehen davon fahre ich in die Tapera zum Kamerafallenaufstellen. Ein ca. 1000 Hektar großes Gehege im Osten der Farm. Auch hier hat sich eigentlich alles verändert. Wiesen wo Sand war, Büsche wo Wege waren, Bambus wo Palmen waren, Gras wo Seen waren, Seen wo Gras war. Die Natur im Pantanal steht genau genommen im totalen Gegensatz zu meiner postulierten Beständigkeit und verändert sich jedes Jahr in Abhängigkeit von Regen, Flut und Trockenheit. Schöne Überraschungen inbegriffen. Steht man unter anderem abends mit einem Auto voller chinesischer Touristen vor einer Waldeinfahrt die leider wegen unkontrollierter Wucherei nicht mehr zum Einfahren taugt und muss einen riesen Umweg nach Hause machen. 85 jährige Omma denkt sie müsse jetzt für den Rest ihres Lebens verloren durch das Pantanal streifen. Verwilderte Gäste zusätzlich zu verwilderten Hausschweinen? Egal.


...bei 36 °C hört der Spaß auf...
...bei 36 °C hört der Spaß auf...

Die Tapera hat in diesem Jahr wohl eher keine Lust auf Besuch und hat wie die Rosenhecke um das Dornröschenschloss dornige Zweige über die sandige Straße gewoben und hie und da mal einen Baum quer darüber geschmissen. Das ist natürlich blöd wenn man keine Wahl hat und dadurch muss. Immerhin bin ich mit dem Quad unterwegs. Mal wieder  Jochen Schweizer Wochen im Pantanal. Das Quad hat die halbe Spurbreite wie der Jeepinho und man kann eher um das ganze Gedöns rumnavigieren. Vermutlich würde man es technisch sogar irgendwie mit dem Auto dadurch schaffen, physisch würde mein Herz aber lange vor dem Jeep aus Angst vor kaputten Reifen  den Geist aufgeben. 

 

Wo die Straße von Baumtrümmern und wucherndem Gebüsch verschont wurde haben Gürteltiere ganze Arbeit geleistet. Scheißviecher. Die könnten überall graben- in den schönsten Wiesen, unter tollen Baumwurzeln, mit hübscher Aussicht neben dem See, aber nein, die bauen ihre Löcher immer genau da wo man langfahren will. Löcher und korrespondierende Sandhaufen soweit das Auge reicht. Vielleicht ist, da wo Autos und Traktoren drüber fahren, der Boden verdichtet und das Bauvorhaben im rieseligen Sandboden klappt nicht direkt zusammen wie Kölner Stadtarchive?! Um mal eine gewagte Theorie aufzustellen… Übrigens interessant: Die Wüstenstaaten der Vereinigten Arabischen Emirate müssen den Sand für Bauvorhaben wie diese komische Palmeninsel in Dubai allen Ernstes in Australien und Indonesien einkaufen. Klingt absurd aber Wüstensand eignet sich nicht zum Bauen. Der ist zu rund und pappt nicht zusammen wie kantiger  Sand aus dem Meer. Irgendwie lustig. Kaufen die Araber, die zwischen endlosen Sanddünen sitzen, im großen Stil Sand ein. Irgendwie aber auch nicht lustig, den beim Baggern und Absaugen auf dem Meeresboden gehen A) viele Tiere und Wasserpflanzen drauf, B) entstehen Mulden die durch den Sand von Stränden und Ufern vom Meer wieder aufgefüllt werden. Gucken die Standresorts und Fischer in Indonesien ziemlich in die Röhre. Ganze Inseln können dann einfach unfreiwilliger Weise durch Strömungen abgetragen werden! 

Über Sand kann ich ausgiebig nachdenken, denn durch selbigen muss mittlerweile ich bis zur nächsten Kamerafallenposition 600 Meter weit stapfen. Wie ein Käselutscherverkäufer am Stand von Ipanema, man hat fast Lust den Kühen ein „QUEJO DE BRASA!“ entgegen zu brüllen. Die blockieren eh doof den Trampelpfad. Das Pantanal, zumindest das hier unten im Süden, ist ja auch ein einziger Sandkasten. Den Sand hat der Taquari Fluss im Laufe von mehreren Jahrtausenden hier im großen Stil hin getragen. Tatsächlich gab es mal Bohrungen nach Öl. Nach 500 Metern Sand gingen denen gottseidank die Bohrköpfe aus und das Projekt Ölgewinnung im Pantanal wurde ad acta gelegt. Kann man nur hoffen, dass er auch für arabische Bauvorhaben unbrauchbar ist… Dass der Sand 500 Meter und tiefer ist kann ich mir gut vorstellen wie ich da in unter der Hitze des Brasilianischen Winters (Winter…haha, ja genau) durch latsche. Der Wald, den ich auf den letzten Metern bis zur vorgegebenen Position durchqueren muss, war auch irgendwie mal offen und angenehm und hat sich jetzt mit dornigem Bambusgestrüpp und Zecken geschmückt. Leicht derangiert muss ich mir zurück beim Quad eingestehen, dass mein Plan ALLE Fallen aufzustellen wie immer etwas zu ambitioniert war. Abbruch der ganzen Aktion. Ich trete die Heimfahrt an. Muss ich morgen halt nochmal raus… Naja…

Gut erkennbar am unteren Bildrand: Das beeindruckende Geschlechtsorgan des Gürteltiermännchens.
Gut erkennbar am unteren Bildrand: Das beeindruckende Geschlechtsorgan des Gürteltiermännchens.

…Vielleicht werden Gürteltiere ja auch von den Achsen- und Stoßdämpferherstellern der KFZ-Industrie auf das ausschließliche Buddeln  auf Straßen abgerichtet und dann ausgesetzt. Denn: Ein Gürteltier macht viele Löcher auf der Suche nach Nahrung wie Wurzeln und Würmer und auch zum Bau der Heimresidenz. Der ehemalige Inhalt vom entstandenen Loch häuft sich als Sandhaufen daneben auf. Beides verbessert nicht unbedingt die Befahrbarkeit pantanesischer Straßen. Scheißviecher also. Aber ganz schön niedliche Scheißviecher muss ich zugeben als ich erst über einen Sandhaufen rumpele und dann schnell anhalten muss, als sich kleine, sandige Augen aus dem zugehörigen Schlagloch vor mir pellen. Ein Gürteltierkind. Vielleicht gerade flügge, denn eine Mutter von dem Kleinen ist nicht in Sicht. Ohhhh… so süüß. Vorgestern hatten wir schon eine Gürteltiersexparty. Also äh.. wir haben eine Gürteltierparty GEFUNDEN. Das könnte sonst missverstanden werden... Zwei vögelnde Gürteltier-Pärchen liefen auf der Straße und diverse Satellitenmännchen schwirrten um sie herum und warteten, dass eine Dame frei wird. 

Eines der Weibchen legte sich nach dem Akt auf den Rücken und bedeckte sich mit einer dünnen Schicht Sand, die kurzen Beinchen in die Luft gestreckt. Abkühlung??? Ein Rätsel diese Viecher. Als Oma stelle ich mir dann immer einen Klappstuhl zwischen die Gürteltierlöcher, kühles Bier im Dosenhalter und komme ihrem Treiben auf die Spur. Bis dahin können wir uns noch wundern und staunen. Als Oma kann ich nämlich eh dieses ganze Kamerafallengedöns nicht mehr machen. Da würde ich bei den aktuellen  37 °C ja nach maximal 20 Meter ohnmächtig vom Quad fallen. Mache ich jetzt ja schon fast. Dickste Mittagshitze- die anderen sitzen schon längst beim Essen. Oh Mann…

Nachmittags: Schnauze voll. Ich geh zum Fluss. Bei der Hitze sitzen die Ameisenbären eh alle im Wald und ich brauch mal Pause. Hatte seit ich in Brasilien angekommen bin noch überhaupt keinen freien Nachmittag. Also ein Bier in den Rucksack und mit dem Kajak flussaufwärts bis zu meiner geliebten Sandbank. Immerhin gibt’s dank dem ganzen Sandgedöns hier auch den perfekten Strand. Und an dem ist man dann ganz alleine. Also fast… ein paar Hokkos gockeln noch rum, ein paar Kaimane genießen die letzten Sonnenstrahlen, neben meinem Handtuch frische Pumaspuren. Boah. Das Wasser ist der Traum. Schön kühl bei der ganzen Hitze. Toter Mann spielen, über mir der rosa Himmel und die Schwalben die im Abendlicht über mich hinweg sausen. Dann auf der Sandbank Sonnenuntergang angucken bis die Sonne weg ist und man schlagartig überhaupt nicht mehr allein am Strand ist sondern in einer Moskitowolke Richtung Kajak hechtet. Anfängerfehler. Das wäre dann wohl mal wieder einer der Klassiker.

 

Vielleicht fallen in einer Natur in der Flut und Trockenzeit und sonstige Dynamik eigentlich alles immer verändert die Konstanten einfach besonders auf?

 

Übrigens gräbt der arme Premiumvolontär-Klaus gerade ein zwei Meter tiefes Loch in besagten Sand für die Geologen. Die kommen morgen und wollen die Stratifikation des Bodens hier untersuchen. Bei ihrem letzten Besuch konnten sie zeigen, dass der Sand in einem Meter Tiefe schon viele tausend Jahre alt ist! Das wäre dann wohl wieder eher undynamisch. Naja ich gebe auf das Ganze in Konstanten und Variablen einzuteilen. Ist ohnehin auf Sand gebaut. Das Kind, das von Lucas beim Mittagessen verschaukelt wurde, glaubt jetzt zumindest Klaus würde wegen seiner geringen Körpergröße für alle Zeiten in dem Loch festsitzen und müsste fortan dadrin mit Essensresten versorgt werden. Haha.

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Klebrige Paralleluniversen

Sitze im Haus und bewache Melone, den Babykater. Der ahnt noch nichts, wird aber gleich kastriert. Das arme Ding. Ich bemühe mich wenig tröstend zu wirken, damit er keinen Verdacht schöpft. Fällt mir aber schwer denn die OP wird vom Jaguar-Veterinärmediziner durchgeführt. Der ist natürlich größeres gewohnt. Ich hoffe der kommt rein motorisch auch im Miniaturwunderland der Hauskatzenklöten zurecht. Also balanciere ich bis dahin das Katzenkind auf dem einen Arm und versuche mit dem anderen die Blogfunktionen hier zu durchschauen. Tricky. Beides. Aber wird schon.

Hämische Sensationstouristen im Pantanal
Hämische Sensationstouristen im Pantanal

Abgesehen von den Babykatzen kann ich nach einer Woche im Pantanal resümieren: Alles wie immer. Auch nach neun Monaten in Deutschland. Sogar unsere angebrochene Zuckertüte vom letzten Jahr steht noch unverändert im Kühlschrank. Und der Jeep lässt mich gleich am ersten Tag Kamerafallenaufstellen mal wieder im Stich. Mitten oben auf der großen Ebene in der prallen Mittagssonne entscheidet sich der Anlasser das Auto nicht mehr anzulassen. Also peinlich berührt Fernando anfunken, auch schon ein Klassiker, der dann laut lachend nach einer Stunde angereist kommt, zwei Minuten an einer Schraube unterm Auto rumfummelt und dann fährt das Auto wieder. Wie immer. Sensationstourismus gibt's auch hier im Nirgendwo: Eine Hirschkuh kommt angestiefelt und beobachtet neugierig das Spektakel. 

Im Wald renne ich in einen schlafenden Tapir rein der laut stampfend seiner Entrüstung Luft macht und mich vor Schreck beinahe dem Herztot erliegen lässt. Auch nix Neues.

Ich lehne mit Paulo, dem Gärtner, vor der Küche. Er ist vor vier Jahren von Fazenda Barranco Alto weggegangen um auf einer anderen Farm zu arbeiten und jetzt wieder zurück gekommen. Und bestätigt: Auch nach vier Jahren bleibt alles beim Alten. Er amüsiert sich vor allem über den Stock, den man gegen das Tor stemmen muss damit es offen stehen bleibt: Seit über sieben Jahren das exakt gleiche Stück Holz. Ich liebe das. Ein sicherer Hafen, Paulo meint der Rest der Welt könne untergehen und man würde sich hier maximal wundern, dass keine Gäste mehr kommen und das Internet ausbleibt. Als abends im altbekannten Farbinferno die Sonne untergeht und die Hyazintharas laut kreischend davor vorbeifliegen, fühlen sich Köln, Rio und alles war zwischen meinem letzten Tag im Pantanal im letzen Jahr und jetzt und hier liegt sehr, sehr weit weg und irgendwie surreal an. Sogar der Flug von Rio nach Campo Grande- gefühlt eine halbe Ewigkeit her, in Wahrheit nur zwei Tage.

Genau zum Anstoß des Viertelfinales Deutschland gegen Italien bestiegen wir in Rio das Flugzeug. Na herzlichen Glückwunsch. Immerhin: Eine Gangsterclique aus São Paulo, finstere Rapper, sitzen vor uns und haben zumindest bis der Flieger in der Luft ist, Fußball auf dem Telefon. Natürlich, wie in allen fahrenden Fortbewegungsmitteln, schlafe ich sobald das Flugzeug gestartet ist tief und fest ein und wache von einer komischen Unruhe im Flugzeug und von einer etwas seltsamen Durchsage des Kapitäns auf. Von wegen das Flugzeug würde demnächst dann abstürzen. Da die Stewardess weiterhin Cola verteilt gehe ich aber davon aus, dass dieser Fall nicht zeitnah eintritt. Als ein entzürnter Chef-Steward einem der Gangster vor uns eine rote Karte in die Hand drückt (EM jetzt im Flugzeug?!) wird klar: Ein etwas makabrer Witz, die bösen Jungs haben das Mikrophon des Kabinenpersonals missbraucht und eine Durchsage des Piloten fingiert. Nach der Landung müssen wir dementsprechend erstmal auf die Polizei warten, als die kommt versucht ein Passagier ein Foto mit dem Handy von der Festnahme zu machen, der Gangster springt den Fototypen an, schlägt ihm ins Gesicht, Blut fließt, Handgemenge, im Flugzeug schreien alle durcheinander, auf dem Telefon beim anderen Gangster vor uns wird währenddessen bei der EM gerade das Elfmeterschießen eingeleitet. Neuer macht sich warm. Eine etwas andere Form des Public Viewings... 

Dann die achtstündige Fahrt zur Farm, 42 Kuhgatter die auf und zu gemacht werden müssen, fünf Gürteltiere, fünf Ameisenbären, zwei mit Baby, auf dem Dach des überladenen Autos zwei Kanus und diverse Kinderstühle wacklig zusammengebunden.  Als wir ankommen ist es schon dunkel. Alle versammelt in der Küche- Marina, Lucas, Lauro, Stefan, Vava, alle etwas überdreht vor Wiedersehensfreude, fast wie das Schlussfoto von Lassie, meint Klaus. In dem Fall aber eher das Anfangsfoto für diese drei Monate im Pantanal. Claudia kommt von der Nachmittagssafari zurück und Lauro streitet mit ihr über die Installation einer Pole Dance Stange (Poli Danssi) im Forscherhaus. Auch hier: Alles wie immer. 

Und ich weiß: Wenn ich erst nach Köln zurück kehre wird sich dort das letzte Bier am Bahnhof ziemlich nahtlos an das erste Bier, vermutlich auch am Kölner Bahnhof, anschließen und dann erscheint dieses Universum hier wieder so weit weg und fast wie ein Traum. Vielleicht weil die beiden Welten kaum miteinander vergleichbar sind. Alles anders, das produziert einen sauberen Schnitt, den man bekanntermaßen leichter wieder zusammenkleben kann als ausgefranste Enden. Wie bei einer Musikkassette. Es bleibt nur ein komischer Sprung im Song. Bei unserer Mixkassette "Gardasee 2000" war das immer bei "If you're going to San Francisco". Da hatte das Kassettendeck von Anne's VW-Bus einmal Bandsalat produziert, also wurde geklebt. Die Kassette haben wir danach so oft gehört, dass mir die Originalversion ohne den kleinen Sprung noch heute komisch vorkommt. Ähnlich dürfte es mit den kleinen Sprüngen durch die verklebten Paralelluniversenenden in meiner Realität sein.

Soviel dazu. Ameisenbären? Schon diverse gesehen. Unter anderem ein Weibchen das im letzten Jahr seine Mühe mit dem Nachwuchs hatte. Das Baby hat sich nie gescheit im Fell festgehalten und flatterte dann in waghalsigen Positionen an einer Seite hinterher. Muss nervig gewesen sein, dieses Jahr ist sie schön entspannt unterwegs- ohne Baby. Schnauze voll... vermutlich.

 

Soweit das Büttchen Bunt von hier, jetzt wird hier erstmal der Kater kastriert.

Tschö.

Ps.: Neu übrigens meine tolle Kamera. Nikon. Damit kann ich endlich auch nachts gescheite Fotos von Ameisenbären machen- früher habe ich da immer viele Daten verloren. Und wenn man keinen Bock auf Computerarbeit hat, kann man mit der Kamera vorzüglich mit dem komplizierten fotografieren der Kolibris vor dem Fenster prokrastinieren:

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